BGH: EuGH soll über Pflicht zum Schutz vor Framing entscheiden

Der Bundesgerichtshof zweifelt, ob eine Verwertungsgesellschaft den Abschluss eines Vertrages über die Nutzung von Digitalisaten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen darf, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen sogenanntes Framing ergreift und insbesondere, ob in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe angenommen werden kann. Deshalb hat er mit Beschluss vom 25.04.2019 den Gerichtshof der Europäischen Union um Klärung und Vorabentscheidung gebeten (Az.: I ZR 113/18).

Deutschen Digitale Bibliothek speichert Vorschaubilder urheberrechtlich geschützter Inhalte

Die Klägerin, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt. Die Beklagte, die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr.

Beklagte will Nutzung der Vorschaubilder nur bei Schutz gegen Framing gestatten

Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte macht den Abschluss eines solchen Nutzungsvertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: "Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden." Die Klägerin lehnt eine solche Vertragsbestimmung ab und beantragte die Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet sei. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht gab der Klägerin in der Berufungsinstanz Recht. Die Beklagte legte Revision ein.

BGH bittet EuGH um Klärung  

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH eine Frage zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt. Zu klären sei, ob die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.

Zweifel an Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe

Die Beklagte sei als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG zwar verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen, müsse aber dabei auch die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrnehmen und durchsetzen. Sie könne daher möglicherweise verlangen, dass der mit der Klägerin zu schließende Nutzungsvertrag die Klägerin zur Anwendung von technischen Schutzmaßnahmen gegen Framing verpflichte. Das setze allerdings voraus, dass eine unter Umgehung derartiger Schutzmaßnahmen im Wege des Framing erfolgende Einbettung der auf der Internetseite der Klägerin für alle Internetnutzer frei zugänglichen Vorschaubilder in eine andere Internetseite das Recht der Urheber zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke verletzt. Ob in einem solchen Fall das Recht der öffentlichen Wiedergabe aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG verletzt sei, der durch § 15 Abs. 2 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt werde, sei zweifelhaft.

BGH, Beschluss vom 25.04.2019 - I ZR 113/18

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2019.