BGH: Veranlasser des Rechtsstreits und Kosten

ZPO §§ 91 I 1, 269 III 2

Erteilt der Kläger der späteren Insolvenzschuldnerin wegen ihm zustehender Schadensersatzansprüche eine schriftliche Inkassovollmacht und tritt er die Forderungen gleichzeitig an sie ab, können ihm als Veranlasser die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, wenn er den von der Insolvenzschuldnerin für ihn gestellten Mahnantrag und die Klage nach Widerspruch des Beklagten zurücknimmt. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 23.02.2017 - III ZB 60/16, BeckRS 2017, 104331

Anmerkung von
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 15/2018 vom 03.08.2018

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Sachverhalt

K erteilt X wegen ihm zustehender Schadensersatzansprüche gegen B eine schriftliche Inkassovollmacht. Gleichzeitig tritt er die Forderungen gegen B an X ab. X beauftragt für K einen Prozessbevollmächtigten, namens des K gegen B zu klagen. Nach Widerspruch des B und Anspruchsbegründung erklärt K die Rücknahme der Klage. Das LG legt dem X die Kosten des Rechtsstreits auf. Auf die sofortige Beschwerde ändert das OLG den Beschluss ab und legt K Kosten des Rechtsstreits auf. Zwar sei anerkannt, dass im Fall des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung die Prozesskosten demjenigen aufzuerlegen seien, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst habe. Hier habe aber K den Prozess veranlasst, da er X eine umfassende Inkassovollmacht zur Einleitung aller Beitreibungsmaßnahmen erteilt habe. Die Vollmacht sei nicht deshalb unwirksam, weil K zugleich seine Forderung an X abgetreten habe. Dagegen führt K die Rechtsbeschwerde. Ohne Erfolg!

Entscheidung

Nehme die klagende Partei die Klage zurück, sei nach § 269 III 2 ZPO grds. sie verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Ausnahmsweise seien allerdings §§ 91, 97 ZPO entsprechend anzuwenden und die Kosten seien demjenigen aufzuerlegen, der sie verursacht habe (Hinweis auf BGH NJW 1993, 1865). Dementsprechend sei anerkannt, dass bei einer fehlenden wirksamen Bevollmächtigung die Prozesskosten grds. dem aufzuerlegen seien, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst habe – Veranlasserprinzip (Hinweis auf BGH NJW 1983, 883 [884] und BGH NJW 1993, 1865). Eine entsprechende Anwendung des Veranlasserprinzips auch im Rahmen von § 269 III 2 ZPO sei naheliegend. Läge es so, wären nach Rücknahme der Klage die Kosten des Rechtsstreits nicht K, sondern dem vollmachtlosen Vertreter, der Klage im Namen des K erhoben habe, als Veranlasser aufzuerlegen.

Die Antwort auf diese Frage könne jedoch offenbleiben. Denn K selbst habe den Rechtsstreit veranlasst, sodass ihm die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen seien. K habe X nämlich eine Inkassovollmacht erteilt, die diesen berechtigt habe, alle Beitreibungsmaßnahmen, die bis zur restlosen Bezahlung der Forderungen des K erforderlich waren, einzuleiten. Hierzu habe es ausdrücklich auch gehört, für K in dessen Namen Rechtsanwälte mit dem Betreiben gerichtlicher Verfahren zu beauftragen. Zwischen der Vollmacht und der zeitgleich erfolgten (Voll-)Abtretung der Forderung an X bestehe zwar „insofern ein gewisser Widerspruch“, als infolge der Abtretung K gar nicht mehr Inhaber der Forderung gewesen sei. Die Abtretung habe jedoch unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts (§§ 133, 157 BGB) nicht zu einer einschränkenden, mit dem Wortlaut der Vollmacht nicht zu vereinbarenden Auslegung dahingehend geführt, X habe die an ihn abgetretene Forderung zumindest gerichtlich nur noch in seinem eigenen Namen geltend machen dürfen. Die Abtretung habe auch nicht die Unwirksamkeit der Vollmacht zur Folge gehabt. Denn die Wirksamkeit einer Vollmacht hänge nicht davon ab, ob dem Vollmachtgeber die beizutreibende Forderung zustehe.

Praxishinweis

Hat eine Partei – ausnahmsweise – keinen Anlass für den Prozess gegeben, sind die Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen sind, der sie verursacht hat. Etwa im Fall des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung sind die Prozesskosten grundsätzlich dem aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat (Veranlasserprinzip). Dies kann der vollmachtlose Vertreter selbst oder ein anderer Verfahrensbeteiligter, aber auch die Partei sein. Der vollmachtlose Vertreter kommt als Veranlasser idR dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt.

Redaktion beck-aktuell, 6. August 2018.