AfD: Gedenkstätte Buchenwald durfte warnen, aber nicht zur Nichtwahl aufrufen

Vor der Thüringer Landtagswahl verschickte der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald einen sorgenvollen Brief. Es ging um die AfD. Die ging juristisch dagegen vor und erzielte einen Teilerfolg: Für das VG Weimar ging der Aufruf der Gedenkstätte, die AfD nicht zu wählen, zu weit.

Einen entsprechenden Satzteil auf ihrer Internetseite muss die Stiftung nun löschen. "Mit dem Aufruf, eine bestimmte Partei nicht zu wählen, greift die Antragsgegnerin in die chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung des Volkes ein", argumentiert das Gericht. Der betreffende Satzteil verstoße gegen das Neutralitätsgebot. Alle anderen Antragspunkte der AfD wies das Gericht zurück.

Hintergrund sind ein Brief und eine auf der Internetseite der Stiftung veröffentlichte Erläuterung. Mit dem Brief wandte sich der Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner vor der Landtagswahl an die Thüringer Wählerinnen und Wähler und äußerte darin Sorgen. Wagner schrieb beispielsweise: "Mit der AfD tritt am 1. September eine Partei an, die das Leiden der Opfer des Nationalsozialismus auch in den thüringischen Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora aus der Erinnerung tilgen will." Dem Gerichtsbeschluss zufolge stellt dies eine "sachgerechte Bewertung, die auf einem Tatsachenkern beruht" dar (Beschluss vom 05.11.2024 - 8 E 1652/24 We). Die Thüringer AfD-Fraktion nannte Wagners Satz nach Eingang des Gerichtsbeschlusses hingegen eine Falschbehauptung.

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch eine sachgerechte Bewertung, dass Wagner schrieb, Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke gelte als gesichert rechtsextrem. Gleiches gelte für die Bewertung "Er versucht, die nationalsozialistische Sprache wieder salonfähig zu machen und lässt sich auch von zwei Gerichtsurteilen nicht abhalten." Wegen der Verwendung einer Nazi-Parole wurde Höcke jüngst zweimal zu Geldstrafen verurteilt, einmal im Mai und erneut im Juli 2024. In beiden Fällen ging er in Revision. Der Landesverfassungsschutz stuft die Thüringer AfD als gesichert rechtsextremistisch ein.

AfD will Beschluss prüfen

Als zulässig bewertete das Gericht auch, dass Wagner der AfD positive Bezüge zum Nationalsozialismus vorwarf. Wenn Zitate von Franz Langheinrich und Arthur Moeller van den Bruck zustimmend zitiert werden, dürfe die Gedenkstätte hierauf mit der Wertung reagieren, dass "positive Bezüge zum Nationalsozialismus" gesetzt werden, heißt es im Beschluss. Die AfD hatte ein Lied von Franz Langheinrich ihrem Wahlprogramm vorangestellt. "Welt"-Recherchen zufolge hatte Langheinrich nationalsozialistische Ideologie verbreitet und Texte im NS-Blatt "Völkischer Beobachter" veröffentlicht.

Gedenkstättenleiter Wagner erklärte nach Zugang des Gerichtsbeschlusses, der Schutz der Stiftung und ihrer Aufgaben lasse gegen geschichtsrevisionistische Positionen keine Neutralität zu. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Thüringer OVG in Weimar eingelegt werden. Die Thüringer AfD-Fraktion teilte mit, den Gerichtsbeschluss prüfen zu wollen. 

VG Weimar, Beschluss vom 05.11.2024 - 8 E 1652/24 We

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. November 2024 (dpa).