Seitenhieb gegen Innenminister? Hubig fordert im Bundestag Rechtstreue

Eigentlich sollte es um den Haushalt des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz gehen. Doch in der dafür angesetzten Debatte steht plötzlich Innenminister Alexander Dobrindt im Fokus.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat die Haushaltsdebatte für eine Ermahnung genutzt, die manche Abgeordnete als Seitenhieb gegen Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) verstanden haben. Die SPD-Politikerin sagte in ihrer Rede zum Etat des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz: "Recht ist nicht nur dann zu beachten, wenn das leichtfällt oder vielleicht der allgemeinen Stimmungslage entspricht, sondern die Entscheidungen sind immer und unbedingt, und zwar von allen zu respektieren, von Bürgerinnen und Bürgern, genauso von allen staatlichen Institutionen und ihren Mitgliedern."

Die Unabhängigkeit der Gerichte sei in Deutschland per Verfassung garantiert, fuhr Hubig fort. "Und das gilt es, genauso zu respektieren wie auch die Richterinnen und Richter persönlich und deren Entscheidungen."

Streit um Zurückweisung an den Grenzen

Das VG Berlin hatte Anfang Juni in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung dreier Somalier bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) sei rechtswidrig gewesen. Ohne eine Klärung, welcher EU-Staat für einen Asylantrag der Betroffenen zuständig sei, dürften sie nicht abgewiesen werden, hieß es.

Dobrindt hatte nach der Entscheidung von einem "Einzelfallurteil" gesprochen. Sein Ministerium erklärte, die Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Landgrenzen würden fortgesetzt. Die Anordnung des Ministers sieht Ausnahmen vor, etwa für Schwangere und Kranke.

Julia Schneider von den Grünen sagte, sie hätte sich von Hubig zu der Missachtung des Berliner Urteils deutlichere Worte gewünscht. Sie habe den Eindruck, dass die Regierung "das Wesen des deutschen Rechtsstaats nicht akzeptiert". Denn Dobrindt halte unbeirrt an der Weisung fest, "obwohl das Berliner Verwaltungsgericht diese Praxis als europarechtswidrig zurückgewiesen hat".

Der Unionsabgeordnete Martin Plum sagte, die Koalition werde ihr Versprechen einer Modernisierung der Justiz mit Hochdruck vorantreiben. Denn die sei "das Fundament unserer freiheitlichen Demokratie". Dabei setze Schwarz-Rot auf Zusammenarbeit mit den Ländern, nicht auf Konfrontation, sagte der CDU-Politiker. In der zurückliegenden Legislaturperiode hatte es anfangs Spannungen zwischen dem damaligen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und seinen Amtskollegen in den Ländern gegeben. Vorhaben des Justizministeriums landeten damals teils im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Redaktion beck-aktuell, kw, 10. Juli 2025 (dpa).

Mehr zum Thema