Zurückweisungen bei Grenzkontrollen sind rechtswidrig
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Asylsuchende, die aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland kommen, sollen künftig schon an der Grenze abgewiesen werden – so hat es Innenminister Dobrindt angekündigt. Doch eine Entscheidung des VG Berlin könnte ihm einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Berliner Richterinnen und Richter haben in mehreren Eilverfahren entschieden, dass Personen, die bei Grenzkontrollen auf deutschem Staatsgebiet ein Asylgesuch äußern, nicht einfach zurückgewiesen werden dürfen. Zuvor müsse im Rahmen des Dublin-Verfahrens der zuständige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags bestimmt werden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin handelt es sich um die erste gerichtliche Entscheidung zu der Neuregelung von Innenminister Alexander Dobrindt (Beschlüsse vom 02.06.2025 – VG 6 L 191/25 u.a.).

Zwei Männer und eine Frau aus Somalia waren Anfang Mai mit dem Zug aus Polen nach Deutschland eingereist. Die Bundespolizei schickte sie nach einer Kontrolle am Bahnhof in Frankfurt an der Oder zurück nach Polen – schließlich seien sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist.

Dieses Vorgehen hat das VG Berlin auf die Eilanträge der Einreisenden als rechtswidrig beanstandet. Die Bundesrepublik sei nach der Dublin-Verordnung der EU dazu verpflichtet, bei Asylgesuchen, die auf deutschem Staatsgebiet gestellt werden, in jedem Fall das in dieser Verordnung vorgesehene Verfahren zur Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaats vollständig durchzuführen (sogenanntes Dublin-Verfahren). Die Somalier hätten ein entsprechendes Asylgesuch geäußert, sodass ihnen der Grenzübertritt erlaubt und das Dublin-Verfahren in Deutschland durchgeführt werden müsse.

Bundesrepublik nicht in Not

Die Bundesrepublik könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage unangewendet bleiben dürfe. Insbesondere könne sie die Zurückweisungen nicht auf die Ausnahmeregelung des Art. 72 AEUV stützen – das ist aber gerade die Klausel, die Dobrindt hatte anwenden wollen. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sei nicht hinreichend dargelegt, sagte das VG dazu.

Das Gericht gestattete es den somalischen Männern und der Frau allerdings nicht, über den Grenzübertritt hinaus in das Bundesgebiet einzureisen. Das Dublin-Verfahren könne auch an der Grenze oder im grenznahen Bereich durchgeführt werden. Einer Einreisegestattung bedürfe es hierfür nicht zwangsläufig. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

VG Berlin, Beschluss vom 02.06.2025 - VG 6 L 191/25

Redaktion beck-aktuell, bw, 2. Juni 2025.

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