Referentenentwurf: Buschmann will Weisungsrecht gegenüber Staatsanwälten nicht abschaffen

"Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen" – so bisher der schlichte Wortlaut des § 146 GVG. Doch wie weit geht das Weisungsrecht? Dies soll jetzt gesetzlich geregelt werden. Am Donnerstag hat das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf vorgelegt.

Weisungen von Justizministern an die Staatsanwaltschaften sollen künftig nur noch schriftlich, begründet und innerhalb enger Grenzen erlaubt sein. So sieht es ein Entwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor, der am Donnerstag zur Stellungnahme an Länder und Verbände versandt wurde.  Der Entwurf sieht für § 146 GVG zwei neue Absätze vor, die regeln, unter welchen Voraussetzungen Weisungen zulässig und welche Erfordernisse zur Erhöhung der Transparenz einzuhalten sind.

Eine externe oder interne Weisung zur Sachleitung, das heißt hinsichtlich der eigentlichen Ermittlungshandlungen, ist danach nur zulässig, um rechtswidrige Entscheidungen zu verhindern, soweit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum besteht oder wenn die Staatsanwaltschaft bei einer Frage Ermessen hat. Laut Justizministerium gilt das sowohl für das externe (ministerielle) Weisungsrecht als auch das interne Weisungsrecht innerhalb der Staatsanwaltschaft, das heißt von der Generalstaatsanwaltschaft zur Staatsanwaltschaft.

Außerdem enthält der Referentenentwurf eine Transparenzregelung für das ministerielle Weisungsrecht: Die Weisungen sollen zur Dokumentation in Textform erteilt und begründet werden. Die Textform ist gewahrt, wenn die Weisungen per E-Mail erfolgen. Eine Ausnahmevorschrift erlaubt eine Bestätigung und Begründung der Weisung spätestens am folgenden Tag, wenn die Weisung aus besonderen Gründen nur mündlich oder ohne Begründung erteilt werden konnte. Das Textform- und das Begründungserfordernis sollen die Nachvollziehbarkeit von Weisungen erleichtern und die anweisende Person vor übereilten Weisungen schützen.

Richterbund für Abschaffung des Weisungsrechts

Den Deutschen Richterbund (DRB) überzeugt das nicht. "Nach Buschmanns Entwurf bleiben deutlich weitergehende politische Einflussnahmen auf Ermittlungshandeln möglich", sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Die Justizminister von Bund und Ländern wären seiner Ansicht nach "gut beraten, jetzt endlich echten Fortschritt zu wagen und ihre aus dem vorletzten Jahrhundert stammenden politischen Durchgriffsrechte auf einzelne Strafverfahren aufzugeben". Es sei nicht überzeugend, wenn darauf verwiesen werde, dass von diesem Recht in der Vergangenheit nur äußerst selten Gebrauch gemacht worden sei, denn "gerade in einer Zeit, in der rechtspopulistische Parteien quer durch Europa im Aufwind sind und vielfach die Machtprobe mit der Justiz suchen, darf es keine Einfallstore und Schlupflöcher für einen politischen Missbrauch der Strafverfolgung geben".

Auch Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hatte im Januar die Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister von Bund und Ländern gefordert. Der Europäische Gerichtshof mahne dies schon länger an, in vielen europäischen Ländern gebe es dieses Durchgriffsrecht auf konkrete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften nicht, begründete sie ihre Forderung. Koppers sagte: "Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe - vor allem im Bereich des Rechtsextremismus."

Mit den neuen Regelungen "erreichen wir mehr Rechtssicherheit, ermöglichen eine bessere Nachvollziehbarkeit und können dem 'bösen Anschein' politischer Einflussnahme entgegengetreten", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP). Wir erhöhen damit das Vertrauen in unseren Rechtsstaat". Zudem soll damit der Kritik des EuGH begegnet werden. Dieser hatte 2019 bemängelt, dass Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen und der Form des Weisungsrechts fehlen.

Dass Kritikern des Wei­sungs­rechts der Ent­wurf aus dem BMJ kaum weit genug gehen dürfte, prognostizierte kürzlich Michael Dollmann in beck-aktuell.

Redaktion beck-aktuell, bw, 2. Mai 2024 (ergänzt durch Material der dpa).