Potsdam erwirkt bundesweites Einreiseverbot gegen rechtsextremen Österreicher Sellner
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© picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Nach dem Treffen radikaler Rechter in Potsdam ist der rechte Aktivist Martin Sellner bundesweit bekannt geworden. Jetzt hat die Stadt ein bundesweites Einreiseverbot gegen den Österreicher erwirkt, wie Sellner selbst am Dienstag auf der Plattform X öffentlich mitteilte.

Hintergrund ist ein Vortrag Sellners bei dem Potsdamer Treffen im November, das durch eine Veröffentlichung des Medienhauses Correctiv im Januar bekannt geworden war. Sellner hatte nach eigenen Angaben über sogenannte Remigration gesprochen. Sellner, früher Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich, versteht darunter, dass Menschen mit ausländischen Wurzeln massenhaft Deutschland verlassen müssen, auch Menschen mit deutschem Pass, wie er in einem neuen Buch unter gleichem Titel schreibt.

Nach dieser und einer weiteren "Correctiv"-Veröffentlichung hatten bundesweit Massendemonstrationen gegen Rechtsextreme und gegen die AfD begonnen. Die AfD war mit mehreren Mitgliedern in Potsdam vertreten gewesen. Teilgenommen hatten auch Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion.

Sellner: "Atomwaffe des Einreiseverbots"

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert erklärte zum Einreiseverbot: "Wir müssen zeigen, dass der Staat nicht ohnmächtig ist und seine legitimen Mittel nutzt. Die Demonstrationen und Kundgebungen waren ein wichtiges Zeichen. Wir machen deutlich, dass die Demokratie wehrhaft ist. Um Grundrechte und Grundgesetz zu schützen, müssen die Institutionen ihre Mittel nutzen."

Eine Sprecherin der Stadt Potsdam betonte, die Stadt dürfe sich nicht zu personenbezogenen Verfahren äußern, bestätigte aber, dass Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam "einen Bescheid zum Vollzug des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) zur Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts in der Bundesrepublik Deutschland an einen EU-Bürger" versendet habe. Der Bescheid sei sofort vollziehbar – damit "gilt das Einreiseverbot prinzipiell sofort". Sollte sich der Betroffene aktuell in Deutschland aufhalten, müsste er innerhalb von einem Monat ausreisen. Er könne allerdings gegen den Bescheid zum Verlust des Freizügigkeitsrechts und auch gegen die sofortige Vollziehung Rechtsmittel einlegen, so die Sprecherin weiter.

Sellner kündigt juristische Schritte an

Sellner präsentierte den Bescheid aus Potsdam in einem Video auf X. Er nannte das Einreiseverbot, das nach seinen Worten für drei Jahre ausgesprochen wurde, "völlig überschießend" und sprach von der "Atomwaffe des Einreiseverbots". Der Bescheid lege Verstöße gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar, doch werde hier das "Grundgesetz komplett verzerrend ausgelegt", meinte der Österreicher. "Genau das wird jetzt vor Gericht gehen", kündigte Sellner an. Sein Anwalt werde sowohl ein Eil- als auch ein Hauptsacheverfahren anstrengen. Er rechne damit, dass das Eilverfahren bis zu zwei Monate dauern werde. Sollten juristische Schritte keinen Erfolg haben, behalte er sich andere Schritte vor, sagte Sellner. Zugleich erklärte er, er sei derzeit in Österreich und werde vorerst nicht in die Bundesrepublik einreisen. Kommende Auftritte in Deutschland seien gestrichen.

Für die Verweigerung der Einreise sind grundsätzlich Landesbehörden zuständig, in diesem Fall die Ausländerbehörde in Potsdam. Durchsetzen müsste das bundesweit geltende Einreiseverbot zum Beispiel die Bundespolizei im Rahmen von Grenzkontrollen. Nach Einreise nach Deutschland könnte eine Person, gegen die ein Einreise-und Aufenthaltsverbot besteht, abgeschoben werden. Außerdem ist eine Einreise trotz Verbots strafbar, kann also strafrechtliche Konsequenzen haben.

Redaktion beck-aktuell, gk, 20. März 2024 (dpa).