Pots­dam er­wirkt bun­des­wei­tes Ein­rei­se­ver­bot gegen rechts­ex­tre­men Ös­ter­rei­cher Sell­ner
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Nach dem Tref­fen ra­di­ka­ler Rech­ter in Pots­dam ist der rech­te Ak­ti­vist Mar­tin Sell­ner bun­des­weit be­kannt ge­wor­den. Jetzt hat die Stadt ein bun­des­wei­tes Ein­rei­se­ver­bot gegen den Ös­ter­rei­cher er­wirkt, wie Sell­ner selbst am Diens­tag auf der Platt­form X öf­fent­lich mit­teil­te.

Hin­ter­grund ist ein Vor­trag Sell­ners bei dem Pots­da­mer Tref­fen im No­vem­ber, das durch eine Ver­öf­fent­li­chung des Me­di­en­hau­ses Cor­rec­tiv im Ja­nu­ar be­kannt ge­wor­den war. Sell­ner hatte nach ei­ge­nen An­ga­ben über so­ge­nann­te Re­mi­gra­ti­on ge­spro­chen. Sell­ner, frü­her Kopf der rechts­ex­tre­men Iden­ti­tä­ren Be­we­gung Ös­ter­reich, ver­steht dar­un­ter, dass Men­schen mit aus­län­di­schen Wur­zeln mas­sen­haft Deutsch­land ver­las­sen müs­sen, auch Men­schen mit deut­schem Pass, wie er in einem neuen Buch unter glei­chem Titel schreibt.

Nach die­ser und einer wei­te­ren "Cor­rec­tiv"-Ver­öf­fent­li­chung hat­ten bun­des­weit Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen gegen Rechts­ex­tre­me und gegen die AfD be­gon­nen. Die AfD war mit meh­re­ren Mit­glie­dern in Pots­dam ver­tre­ten ge­we­sen. Teil­ge­nom­men hat­ten auch Mit­glie­der der CDU und der sehr kon­ser­va­ti­ven Wer­te­uni­on.

Sell­ner: "Atom­waf­fe des Ein­rei­se­ver­bots"

Pots­dams Ober­bür­ger­meis­ter Mike Schu­bert er­klär­te zum Ein­rei­se­ver­bot: "Wir müs­sen zei­gen, dass der Staat nicht ohn­mäch­tig ist und seine le­gi­ti­men Mit­tel nutzt. Die De­mons­tra­tio­nen und Kund­ge­bun­gen waren ein wich­ti­ges Zei­chen. Wir ma­chen deut­lich, dass die De­mo­kra­tie wehr­haft ist. Um Grund­rech­te und Grund­ge­setz zu schüt­zen, müs­sen die In­sti­tu­tio­nen ihre Mit­tel nut­zen."

Eine Spre­che­rin der Stadt Pots­dam be­ton­te, die Stadt dürfe sich nicht zu per­so­nen­be­zo­ge­nen Ver­fah­ren äu­ßern, be­stä­tig­te aber, dass Bran­den­burgs Lan­des­haupt­stadt Pots­dam "einen Be­scheid zum Voll­zug des Frei­zü­gig­keits­ge­set­zes/EU (Frei­zügG/EU) zur Fest­stel­lung des Ver­lus­tes des Frei­zü­gig­keits­rechts in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land an einen EU-Bür­ger" ver­sen­det habe. Der Be­scheid sei so­fort voll­zieh­bar – damit "gilt das Ein­rei­se­ver­bot prin­zi­pi­ell so­fort". Soll­te sich der Be­trof­fe­ne ak­tu­ell in Deutsch­land auf­hal­ten, müss­te er in­ner­halb von einem Monat aus­rei­sen. Er könne al­ler­dings gegen den Be­scheid zum Ver­lust des Frei­zü­gig­keits­rechts und auch gegen die so­for­ti­ge Voll­zie­hung Rechts­mit­tel ein­le­gen, so die Spre­che­rin wei­ter.

Sell­ner kün­digt ju­ris­ti­sche Schrit­te an

Sell­ner prä­sen­tier­te den Be­scheid aus Pots­dam in einem Video auf X. Er nann­te das Ein­rei­se­ver­bot, das nach sei­nen Wor­ten für drei Jahre aus­ge­spro­chen wurde, "völ­lig über­schie­ßend" und sprach von der "Atom­waf­fe des Ein­rei­se­ver­bots". Der Be­scheid lege Ver­stö­ße gegen die frei­heit­lich-de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung dar, doch werde hier das "Grund­ge­setz kom­plett ver­zer­rend aus­ge­legt", mein­te der Ös­ter­rei­cher. "Genau das wird jetzt vor Ge­richt gehen", kün­dig­te Sell­ner an. Sein An­walt werde so­wohl ein Eil- als auch ein Haupt­sa­che­ver­fah­ren an­stren­gen. Er rech­ne damit, dass das Eil­ver­fah­ren bis zu zwei Mo­na­te dau­ern werde. Soll­ten ju­ris­ti­sche Schrit­te kei­nen Er­folg haben, be­hal­te er sich an­de­re Schrit­te vor, sagte Sell­ner. Zu­gleich er­klär­te er, er sei der­zeit in Ös­ter­reich und werde vor­erst nicht in die Bun­des­re­pu­blik ein­rei­sen. Kom­men­de Auf­trit­te in Deutsch­land seien ge­stri­chen.

Für die Ver­wei­ge­rung der Ein­rei­se sind grund­sätz­lich Lan­des­be­hör­den zu­stän­dig, in die­sem Fall die Aus­län­der­be­hör­de in Pots­dam. Durch­set­zen müss­te das bun­des­weit gel­ten­de Ein­rei­se­ver­bot zum Bei­spiel die Bun­des­po­li­zei im Rah­men von Grenz­kon­trol­len. Nach Ein­rei­se nach Deutsch­land könn­te eine Per­son, gegen die ein Ein­rei­se-und Auf­ent­halts­ver­bot be­steht, ab­ge­scho­ben wer­den. Au­ßer­dem ist eine Ein­rei­se trotz Ver­bots straf­bar, kann also straf­recht­li­che Kon­se­quen­zen haben.

Redaktion beck-aktuell, gk, 20. März 2024 (dpa).

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