Im Prozess um Pläne für einen Umsturz in Deutschland und eine Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind vier als Rädelsführer Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein fünfter Angeklagter kam vor dem OLG Koblenz mit zwei Jahren und zehn Monaten noch am besten weg. Er war der einzige der fünf, der zuletzt nicht mehr in Untersuchungshaft gesessen hatte (Urteil vom 06.03.2025 - 1 StE 2 BJs 141/22).
Mit den Urteilen endet das am 17. Mai 2023 gestartete Verfahren nach fast zwei Jahren. Der Gruppe wurde vorgeworfen, eine Terrorvereinigung mit dem Namen "Vereinte Patrioten" gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein und ein hochverräterisches Unternehmen gegen den Bund vorbereitet zu haben.
Die vier Hauptangeklagten wurden unter anderem der Gründung einer terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund für schuldig befunden. Die mit acht Jahren höchste Strafe kassierte ein 46-jähriger Angeklagter. Zwei weitere Rädelsführer, ein Mann von 58 und eine Frau von 77 Jahren, bekamen sechseinhalb Jahre beziehungsweise sieben Jahre und neun Monate. Ein 57-Jähriger aus Brandenburg erhielt fünf Jahre und neun Monate.
Den fünften, 53 Jahre alten Angeklagten, belegte das Gericht mit einer Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Er wurde nur der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Ob er die nach der Untersuchungshaft übrigen sechs Monate noch in Haft muss oder diese auf Bewährung ausgesetzt werden, muss noch entschieden werden.
Einer der Angeklagten ist der aus Brandenburg stammende Sven Birkmann, der mit vollem Namen genannt werden möchte. Bei der angeklagten Frau handelt es sich um eine früher in Mainz tätige Lehrerin, die die Anklage für die "politische Vordenkerin" der Gruppe hält. In dem Prozess hatte sie häufig Verschwörungstheorien aus dem Reichsbürger-Milieu geäußert.
Personenschützer "ausschalten" und "Klabautermann" entführen
Die Gruppe wollte Deutschland laut Anklage ins Chaos stürzen. Mit Sprengstoffanschlägen sollte demnach die Stromversorgung zerstört, in einer Aktion mit dem Namen "Klabautermann" Lauterbach aus einer Talkshow entführt und seine Personenschützer "ausgeschaltet" werden.
Auch die restlichen Pläne klingen so abstrus wie gefährlich: Laut Anklage wollten sie die Regierung absetzen und in einer konstituierenden Versammlung neue Führungspersonen bestimmen und die Verfassung des Kaiserreichs von 1871 wieder einführen. Ein Schauspieler sollte als Bundespräsident oder Bundeskanzler im Fernsehen auftreten und die Absetzung der Bundesregierung bekanntgeben.
Ziel der Gruppe soll laut Bundesanwaltschaft die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gewesen sein. Bei der Festnahme der angeklagten Männer spielte ein verdeckter Ermittler eine wichtige Rolle - er hatte einem der Angeklagten Waffen zum Kauf angeboten.
Eine Revision ist bereits eingelegt
In dem langen Prozess sagten 38 Zeugen aus, fünf Sachverständige wurden gehört. Dazu zählten ein Facharzt für Psychiatrie, jeweils ein Experte vom Bundeskriminalamt und vom Landeskriminalamt, der Leiter der Abteilung Risikomanagement und Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und ein Sachverständiger von der Bundesnetzagentur.
Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden. Während die Verteidigung des 58-Jährigen erklärte, auf Rechtsmittel zu verzichten, wurde vonseiten des mit der höchsten Strafe belegten 46-Jährigen bereits Revision eingelegt. Die anderen Verteidiger wollen darüber nachdenken. Oberstaatsanwalt Wolfgang Barrot von der Bundesanwaltschaft sagte, der Entscheidung des Gerichts komme über die Einzelfälle hinaus Bedeutung zu. Das Gericht habe die wehrhafte Demokratie gestärkt.
Weitere Prozesse um die Gruppe
Am OLG Koblenz läuft derweil noch ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Unterstützer der Gruppe. Unter den dort Angeklagten ist auch die Tochter von einem der nun schuldig gesprochenen Männer. Ein weiterer Mann wurde vom OLG Frankfurt Ende November 2024 zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann sich an der Vorbereitung von Hochverrat beteiligte und Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war.
Die Ermittlungen zu den "Vereinten Patrioten" waren einst auch Ausgangspunkt für die Ermittlungen zu der Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen, deren mutmaßliche Rädelsführer im Dezember 2022 verhaftet worden waren. Auch diese Gruppierung soll vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren.