Prämiensparverträge: Gericht benennt Zinsreihe für Fall fehlender Anpassungsregel

Sparer von Prämiensparverträgen haben Anspruch auf Zinsanpassungen. Fehlt eine wirksame Anpassungsregelung, greift laut OLG Dresden die langfristige Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8- bis 15-jähriger Restlaufzeit als Referenz.

In den zwei vom OLG entschiedenen Musterfeststellungsverfahren ging es um die Frage, wie variable Zinsanpassungen in lang laufenden Prämiensparverträgen für Verbraucher in transparenter Form vorzunehmen sind. Die Verbraucherzentrale hatte die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Zinsnachberechnung bei formularmäßigen Prämiensparverträgen zweier Sparkasse begehrt, die Sparern seit Mitte der 1990-iger Jahre angeboten wurden.

In dem ersten Fall hat der 5. Zivilsenat des OLG (Urteil vom 19.06.2024 - 5 MK 1/21) zunächst festgestellt, dass in den Prämiensparverträgen keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen verwendet wurden, der Sparer damit grundsätzlich einen Anspruch auf Zinsanpassungen habe. Auch wie diese Anpassungen zu erfolgen haben, wenn dazu in den Verträgen nichts konkretes ausgeführt ist, haben die Richterinnen und Richter entschieden. 

Gericht benennt konkrete Zinsreihe

Die Zinsberechnung muss sich dann an einer langfristigen Zinsreihe für Bundeswertpapiere orientieren. Das OLG hat im Weg ergänzender Vertragsauslegung festgestellt, dass die Zinsberechnung auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank der "Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Börsennotierte Bundeswertpapiere/ RLZ von über 8 bis 15 Jahren/Monatswerte« (derzeitige Kennung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A., vormals WU 9554" stattzufinden hat. Der aus dieser Reihe entnommene Referenzzinssatz müsse mit dem im Vertrag genannten Zinssatz abgeglichen werden. Die Zinsanpassung habe monatlich zu erfolgen und müsse den relativen Abstand zwischen dem im Vertrag bezifferten Zinssatz und dem Referenzzinssatz abbilden.

Die Verbraucheransprüche entstünden aber erst mit Beendigung des Prämiensparvertrags. Der Beginn der Verjährungsfrist falle damit auf den Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Prämiensparvertrags. Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass vertragliche Regelungen, die allein auf Aushänge in den Kassenräumen verweisen, nicht wirksam sind.

Im zweiten Verfahren (Urteil vom 19.06.2024 - 5 MK 3/20) gegen die Sparkasse Meißen waren die meisten Streitpunkte nach einem früheren Urteil des BGH, unter anderem zum Referenzzinssatz, bereits geklärt. Vor dem OLG ging es nur noch um die Frage der Auswahl der bei der Zinsanpassung anzuwenden Zinsreihe. Das OLG benannte die gleiche Zinsreihe wie im ersten Urteil. In beiden Fällen ließ es die Revision zum BGH zu.

OLG Dresden, Urteil vom 19.06.2024 - 5 MK 1/21

Redaktion beck-aktuell, gk, 20. Juni 2024.