Modernisierung des Schiedsstandorts Deutschland: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf

Die Bundesregierung will die Streitbeilegung in Deutschland attraktiver machen. Am Mittwoch hat sie einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts beschlossen.

Die Bundesregierung hat sich auf einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Schiedsstandorts Deutschland geeinigt. "Unser Ansatz lautet: weniger Formalismus, mehr Offenheit für digitale Lösungen", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Durch die geplanten Änderungen soll der voranschreitenden Digitalisierung und verschiedenen Entwicklungen in der Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung getragen werden.

Der vom Bundesjustizminister vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass Schiedsvereinbarungen künftig wieder formlos abgeschlossen werden können: also auf jedem denkbaren Weg. Ausgenommen hiervon sind Schiedsvereinbarungen unter Beteiligung von Verbrauchern. Seit 1998 müssen Schiedsvereinbarungen bestimmten Formanforderungen genügen (vgl. § 1031 ZPO). Nach altem Schiedsverfahrensrecht, das bis 1998 galt, konnten Schiedsvereinbarungen dagegen formfrei geschlossen werden.

Schiedsrichter sollen Schiedssprüche veröffentlichen dürfen

Schiedsrichter sollen nach dem Regierungsentwurf ihre Schiedssprüche künftig veröffentlichen können, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Die Zustimmung der Parteien soll dabei auch dann als erteilt gelten, wenn sie der Veröffentlichung nicht widersprechen. Wie das Bundesjustizministerium (BMJ) mitteilte, sollen auf diese Weise die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit gestärkt und die Fortentwicklung des Rechts gefördert werden.

Mit der Neuregelung soll nach Angaben des BMJ zudem klargestellt werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten per Bild- und Tonübertragung ("Videoverhandlung") durchgeführt werden können. Insoweit ergänze das Vorhaben das Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten.

Zudem sollen Schiedsgerichte Schiedssprüche in Zukunft auch elektronisch erlassen können. Dazu sollen sie von den Schiedsrichtern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Auf diese Weise soll die Rechtslage für Schiedssprüche an diejenige für Entscheidungen staatlicher Gerichte angeglichen werden, teilte das BMJ mit.

Änderungen bei Verfahren vor staatlichen Gerichten

Für Verfahren vor staatlichen Gerichten, die in Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, sind nach den Plänen der Bundesregierung ebenfalls Änderungen vorgesehen. Das betrifft insbesondere Verfahren, mit denen der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird. So soll für die Parteien die Möglichkeit geschaffen werden, in diesen Verfahren Schriftstücke in englischer Sprache vorzulegen. Staatliche Gerichtsverfahren könnten laut BMJ auf diese Weise effizienter geführt werden. Den Parteien entstünden keine Kosten für umfangreiche Übersetzungen.

Außerdem soll es für diese Verfahren eine neue Zuständigkeitsregelung geben. Habe das Bundesland des Gerichtsorts einen sogenannten Commercial Court eingerichtet und entsprechende Verfahren diesem besonderen Spruchkörper zugewiesen, so soll dieser für das betreffende Verfahren zuständig sein. Bei entsprechendem Einvernehmen der Parteien sollen diese Verfahren vor den Commercial Courts vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Englische Beschlüsse der Commercial Courts sollen zusammen mit einer deutschen Übersetzung veröffentlicht werden.

Redaktion beck-aktuell, ew, 26. Juni 2024.