Ge­setz­ent­wurf: Min­dest­stra­fen für Kin­der­por­no­gra­phie-De­lik­te wer­den ge­senkt

Erst 2021 waren sie an­ge­ho­ben wor­den – jetzt sol­len die Min­dest­stra­fen für "Ver­brei­tung, Er­werb und Be­sitz kin­der­por­no­gra­phi­scher In­hal­te" ab­ge­senkt und damit wie­der als Ver­ge­hen ein­ge­stuft wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung hat hier­zu einen Ge­setz­ent­wurf vor­ge­legt. Die Kehrt­wen­de be­grün­det sie mit For­de­run­gen aus der Pra­xis.

Die erste Le­sung ist für den 14. März an­ge­setzt. Die Bun­des­re­gie­rung hat den Ge­setz­ent­wurf dem Bun­des­rat als "be­son­ders eil­be­dürf­tig" zu­ge­lei­tet. Die Stel­lung­nah­me der Län­der­kam­mer und die Ge­gen­äu­ße­rung der Bun­des­re­gie­rung lie­gen noch nicht vor.

Be­sitz und Er­werb kin­der­por­no­gra­phi­scher In­hal­te sol­len dem Ent­wurf zu­fol­ge künf­tig mit einer Min­dest­stra­fe von drei Mo­na­ten Frei­heits­stra­fe, die Ver­brei­tung mit einer Min­dest­stra­fe von sechs Mo­na­ten Frei­heits­stra­fe be­straft wer­den kön­nen. Ak­tu­ell sind die in § 184b StGB ge­re­gel­ten De­lik­te als Ver­bre­chen mit einer Min­dest­stra­fe von einem Jahr Frei­heit­stra­fe klas­si­fi­ziert.

Durch die Ein­stu­fung als Ver­ge­hen soll es bei die­sen Taten künf­tig auch wie­der mög­lich sein, Ver­fah­ren nach den §§ 153 und 154 StPO ein­zu­stel­len be­zie­hungs­wei­se nach den § 407 ff. StPO durch Straf­be­fehl zu er­le­di­gen. Dies soll eine tat- und schuldan­ge­mes­se­ne Re­ak­ti­on bei Ver­fah­ren er­mög­li­chen, die einen Tat­ver­dacht am un­te­ren Rand der Straf­wür­dig­keit zum Ge­gen­stand haben. Die gel­ten­den Höchst­stra­fen will die Bun­des­re­gie­rung bei­be­hal­ten.

Zwei­fel an Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Stra­fen

Laut Bun­des­re­gie­rung ist die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Min­dest­stra­fe von einem Jahr Frei­heits­stra­fe in man­chen Fäl­len frag­lich. Das gelte ins­be­son­de­re dann, "wenn die be­schul­dig­te Per­son of­fen­sicht­lich nicht aus einem ei­ge­nen se­xu­el­len In­ter­es­se an kin­der­por­no­gra­phi­schen In­hal­ten ge­han­delt habe", son­dern im Ge­gen­teil, um ins­be­son­de­re eine wei­te­re Ver­brei­tung oder ein öf­fent­li­ches Zu­gäng­lich­ma­chen eines kin­der­por­no­gra­phi­schen In­halts, zu be­en­den, zu ver­hin­dern oder auf­zu­klä­ren. "Be­son­ders häu­fig sind sol­che Fälle bei El­tern sowie Leh­re­rin­nen und Leh­rern äl­te­rer Kin­der oder Ju­gend­li­cher auf­ge­tre­ten, die kin­der­por­no­gra­phi­sches Ma­te­ri­al bei die­sen ge­fun­den und an an­de­re El­tern, Leh­re­rin­nen oder Leh­rer oder die Schul­lei­tung wei­ter­ge­lei­tet haben, um diese über den Miss­stand zu in­for­mie­ren", heißt es in dem Ent­wurf.

Auch hin­sicht­lich des Be­sit­zes und Er­werbs kin­der­por­no­gra­phi­scher In­hal­te führt die Bun­des­re­gie­rung an, dass die "ver­hält­nis­mä­ßi­ge Aus­ge­stal­tung der Min­dest­stra­fe" für eine "tat- und schuldan­ge­mes­se­ne Re­ak­ti­on im Ein­zel­fall" er­for­der­lich sei. Als Bei­spiel nennt der Ent­wurf Fälle, bei denen der In­halt un­ge­wollt in den Be­sitz der Emp­fän­ger ge­kom­men war. In die­sem Zu­sam­men­hang ver­weist der Ent­wurf auf eine lau­fen­de Nor­men­kon­troll­vor­la­ge des AG Bu­chen zum BVerfG. Das AG sei in dem Fall davon über­zeugt, dass die Min­dest­stra­fe von einem Jahr Frei­heits­stra­fe ver­fas­sungs­wid­rig ist, "da sie gegen das Schuld­prin­zip ver­stö­ßt". Auch Fach­ver­bän­de, die zu dem Ver­fah­ren Stel­lung ge­nom­men hät­ten, hät­ten die ak­tu­el­le Re­ge­lung kri­ti­siert.

Ein­stu­fung als Ver­ge­hen im Um­gang mit ju­gend­li­chen Straf­tä­tern wich­tig

Fer­ner sieht die Bun­des­re­gie­rung die Ein­stu­fung der De­lik­te als Ver­ge­hen auch als pro­ba­tes Mit­tel an, um mit den zahl­rei­chen ju­gend­li­chen Tä­te­rin­nen und Tä­tern an­ge­mes­sen und fle­xi­bel um­ge­hen zu kön­nen. "Denn auch hier agie­ren die han­deln­den Per­so­nen in der Regel nicht, um sich durch den kin­der­por­no­gra­phi­schen In­halt se­xu­ell zu er­re­gen, son­dern aus einem für den ju­gend­li­chen Ent­wick­lungs­stand ty­pi­schen An­trieb wie Un­be­darft­heit, Neu­gier, Aben­teu­er­lust oder Im­po­nier­stre­ben", so die Be­grün­dung.

Die Straf­ver­schär­fung im Jahr 2021 war be­reits im Vor­feld mas­si­ver Kri­tik aus­ge­setzt ge­we­sen. So be­fürch­te­te un­te­re an­de­rem der Deut­sche Rich­ter­bund Wer­tungs­wi­der­sprü­che in­ner­halb des Sank­ti­ons­ge­fü­ges.

Redaktion beck-aktuell, gk, 6. März 2024.

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