Mehr Geld für Anwälte und Justiz: Gebührenerhöhung auf den letzten Metern?
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Eigentlich hatte schon niemand mehr damit gerechnet, nun hat Interims-Justizminister Wissing doch noch einen Entwurf für die Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren eingebracht. Ob daraus vor dem Ende der Legislaturperiode noch etwas wird, ist aber unklar.

Anfang Juni, als der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) seine Rede zur Eröffnung des Anwaltstags in Bielefeld hielt, war die Welt noch eine andere. Zwar lief es auch damals schon nicht mehr rund zwischen den Koalitionspartnern, doch dass die Ampel vor dem Ende der Legislaturperiode auseinanderbrechen würde, ahnte da noch niemand wirklich. So durfte man auch Vertrauen darin setzen, als Buschmann augenzwinkernd bemerkte, er sei nicht mit leeren Händen gekommen und die ersehnte Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren versprach.

Tatsächlich lieferte der Minister auch kurz darauf einen Entwurf, der eine Erhöhung der Festgebühren um 9% und der Wertgebühren um 6% vorsah. Die Gerichts- und Gerichtsvollziehergebühren sollten im gleichen Maß ansteigen. Nur schaffte es der Entwurf nie durch die Ressortabstimmung, sodass er das Licht des Bundestages nicht erblickte, ehe die Ampel-Koalition zerbrach und SPD und FDP öffentlich übereinander herfielen.

Dass Volker Wissing, mittlerweile parteilos, der übergangsweise für seinen Ex-Parteikollegen Buschmann das Justizressort führt, nun eine Formulierungshilfe für ein Gesetz in den Bundestag einbringen will, dürfte auch in seinem eigenen Haus die meisten überrascht haben. Welche Gründe hinter dem kurzfristigen Vorstoß stehen, kann derzeit nur spekuliert werden. Die Formulierungshilfe deckt sich nun weitgehend mit dem ursprünglich unter Buschmann erarbeiteten Entwurf. Enthalten ist nunmehr jedoch auch eine Erhöhung der Vergütung von Verfahrensbeiständen in familiengerichtlichen Verfahren. Außerdem brachte das Kabinett am Mittwoch einen weiteren BMJ-Entwurf in Form einer Formulierungshilfe auf den Weg, mit dem man die Vergütung für berufliche Betreuerinnen und Betreuer, Vormünder sowie Ergänzungs-, Nachlass-, Umgangs- und Verfahrens­pflegerinnen und -pfleger erhöhen und teilweise neu strukturieren will.

DAV begrüßt Entwurf und drängt auf zügige Umsetzung

"Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte leisten einen wesentlichen Beitrag für den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht. Um ihre wichtige Tätigkeit ausüben zu können, müssen sie angemessen vergütet werden", ließ sich Wissing in der Mitteilung des BMJ zitieren. "Die geltenden Gebührensätze stellen dies nicht mehr sicher. Sie müssen an die Preisentwicklung der letzten Jahre angepasst werden. Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren wollen wir die wirtschaftliche Grundlage für die Anwaltschaft sichern – und damit zugleich den Rechtsstaat stärken." 

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßte das Vorhaben jedenfalls umgehend und appellierte an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, das Verfahren zügig abzuschließen. "Es ist gut und richtig, dass das Gesetzgebungsverfahren fortgeführt wird. Eine gesetzliche Gebührenordnung darf nicht von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden", wird DAV-Präsidentin Edith Kindermann in der Mitteilung ihres Verbands zitiert. "Der vorgelegte Entwurf berücksichtigt die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten und ist unerlässlich für einen flächendeckenden und berechenbaren Zugang zur anwaltlichen Versorgung für Bürgerinnen und Bürger." Es sei nun am Bundestag, das Gesetz zügig zu beschließen. Trotz dieser hoffnungsvollen Worte ist zumindest fraglich, ob sich für den Entwurf eine Mehrheit finden wird. Geschieht das nicht, wird auch dieses Vorhaben – zusammen mit einigen anderen – der Diskontinuität zum Opfer fallen.

Hilfe aus der Opposition unsicher

Auf die Union dürfte die Bundesregierung dabei nicht bauen können. Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, betonte auf beck-aktuell-Anfrage, dass man eine Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung zwar befürworte, jedoch könnten in den verbleibenden Sitzungswochen nur noch wenige Vorhaben abgeschlossen werden. "Leider hat sich das Bundesministerium der Justiz zu viel Zeit mit einem entsprechenden Gesetzentwurf gelassen", so Krings. "Der Gesetzentwurf muss nach der Kabinettsbefassung noch im Bundestag und in den Ausschüssen beraten werden. Dies wird seriös nicht mehr möglich sein." Krings schob jedoch nach: "Für uns wird dieses Vorhaben aber mit neuen Mehrheiten nach der Bundestagswahl eine hohe Priorität haben."

Damit dürfte das Schicksal des Entwurfs doch an der FDP hängen. Deren rechtspolitische Sprecherin im Bundestag Kathrin Helling-Plahr zeigte sich auf beck-aktuell-Anfrage jedoch ebenfalls reserviert, besonders in Bezug auf die Betreuervergütung: "Als Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag haben wir uns stets für eine bessere Vergütung von Betreuern und Vormündern eingesetzt und halten auch eine Dynamisierung der Vergütung für diskussionswürdig. Wir sind weiterhin bereit, an einer schnellstmöglichen Lösung mitzuarbeiten", so Helling-Plahr. Jedoch sei man von der Bundesregierung bisher nicht in das Vorhaben einbezogen worden, weshalb sie bezweifle, dass die Regierung die Vergütungsanpassung "ernsthaft verfolge". "Wir werden den Regierungsentwurf jetzt gründlich überprüfen und den Austausch mit Betreuerinnen und Betreuern suchen. Es muss sichergestellt sein, dass alle Betreuer gleichermaßen von der Reform profitieren werden und dass insbesondere Betreuer, die überwiegend Klienten betreuen, die mittellos sind und zu Hause leben, nicht künftig durch die Reform schlechter gestellt werden." Die "unbedingt notwendige Anpassung der Anwaltsvergütung" müsse ebenso angegangen werden, so Helling-Plahr, da die Kosten in den Kanzleien in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen seien.

Redaktion beck-aktuell, Maximilian Amos, 11. Dezember 2024.