Mit der angekündigten Reform des Familienrechts soll es für nicht mit der Mutter verheiratete Väter einfacher werden, beim Sorgerecht berücksichtigt zu werden. Das sieht der Entwurf des Bundesjustizministers für ein verändertes Kindschaftsrecht vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Danach soll ein Mann bereits als Folge einer Vaterschaftsanerkennung automatisch mit sorgeberechtigt sein, wenn nicht ein Elternteil der gemeinsamen Sorge innerhalb eines Monats – ohne Angaben von Gründen – widerspricht.
Gestärkt werden soll zudem die Rechtsposition von Kindern. Beispielsweise soll ein Kind getrennter Eltern ab dem 14. Lebensjahr eine neuerliche Entscheidung über eine bereits getroffene Sorgerechtsentscheidung beantragen können. Außerdem betont der Referentenentwurf den Anspruch des Kindes, Auskunft über seine Abstammung zu erhalten. Kinder sollen nicht nur ein Recht auf Umgang mit den Eltern haben, sondern auch auf Umgang mit Geschwistern und Großeltern.
Buschmann wollte seine drei Entwürfe für die Reform zu Kindschaftsrecht, Unterhalt und Abstammungsrecht eigentlich schon in diesem Herbst ins Kabinett bringen. Doch innerhalb der Ampel sehen einige noch Abstimmungsbedarf. Wohl um etwas Dynamik in den Prozess zu bringen, hat das Justizministerium jetzt Vertreter der Landesjustizverwaltungen für den 25. Oktober zu einer Besprechung eingeladen. Zusammen mit der von Staatssekretärin Angelika Schlunck verschickten Einladung wurden auch die Entwürfe versandt.
Gemeinsame Adoption auch für Unverheiratete
Mit Interesse dürften die Arbeit an der geplanten Reform auch Menschen mit Adoptionswunsch verfolgen. Denn hier ist eine Liberalisierung geplant. Auch unverheiratete Paare sollen künftig gemeinsam ein Kind adoptieren dürfen. Eine Adoption durch nur einen Erwachsenen soll laut Entwurf sowohl für Verheiratete als auch für Unverheiratete möglich sein.
Nicht mehr notwendig sein soll eine Adoption in Zukunft, wenn sich ein lesbisches Paar gemeinsam für ein durch Samenspende gezeugtes Kind entscheidet. In dem Entwurf, den das Ministerium den Ländern zur Stellungnahme präsentiert hat, heißt es: "Eingeführt wird auch die Mutterschaft einer weiteren Frau neben der Geburtsmutter, sodass ein Kind zwei Mütter schon kraft Abstammungsrecht haben kann." Zudem werde das Abstammungsrecht auch für Menschen mit geändertem Geschlechtseintrag, ohne Geschlechtseintrag oder mit dem Geschlechtseintrag "divers" geöffnet.
Wichtig ist Buschmann bei den geplanten Änderungen, dass diese zwar neuen Familienmodellen Rechnung tragen sollen, an einigen Grundsätzen aber nicht gerüttelt wird. Dazu zählt: "Ein Kind hat auch künftig nur zwei rechtliche Eltern." Und: "Die Frau, die das Kind gebiert, ist auch künftig stets Mutter des Kindes, ohne dass ihre Rechtsstellung anfechtbar oder einer Vereinbarung zugänglich ist."
Neuerungen beim Kindesunterhalt geplant
Vor allem Väter dürften auch von einer Änderung profitieren, die das Justizministerium vorschlägt und über die bereits vor einigen Monaten Details bekanntgeworden waren. Danach soll der mitbetreuende Elternteil in Fällen, in denen kein 50:50-Wechselmodell vereinbart ist, künftig weniger Kindesunterhalt zahlen müssen, wenn er mindestens 29% der Betreuung übernimmt. Maßgeblich bei der Berechnung des Anteils soll die Anzahl der Übernachtungen sein. Mit den finanziellen Erleichterungen sollen mitbetreuende Väter beziehungsweise Mütter ermutigt werden, sich stärker an Pflege und Erziehung des Kindes zu beteiligen.
Falls sich getrennte Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht in alltäglichen Fragen uneins sind, soll es künftig eine alleinige Entscheidungsbefugnis geben. Das würde bedeuten, dass ein Elternteil solche Dinge für den Zeitraum, in dem sich das Kind bei ihm aufhält, allein entscheiden kann – also zum Beispiel, ob das Kind donnerstags immer zum Schwimmkurs geht oder nicht. Nur wenn eine solche Entscheidung Folgen hat, die auch die Zeit betreffen, die der andere Elternteil mit dem Kind verbringt, müssen beide zustimmen.
Schutz vor gewalttätigem Elternteil
In Buschmanns Entwurf zum Kindschaftsrecht heißt es außerdem, dass festgestellte häusliche Gewalt in einem Umgangsverfahren zwingend berücksichtigt und der Kinderschutz gestärkt werden solle. Das Gewaltschutzgesetz soll dem Gericht ermöglichen, anzuordnen, dass ein Täter an einem sozialen Trainingskurs teilnimmt. Das Gericht soll zudem entscheiden, ob ein Entzug des Umgangsrechts notwendig ist, um das Kindeswohl und die körperliche Unversehrtheit des anderen Elternteils zu gewährleisten.
Eine weitere geplante Neuerung betrifft unbegleitete minderjährige Ausländer. Hier soll das "Ruhen der elterlichen Sorge" in der Regel angenommen werden. Dadurch kann für diese Kinder rascher ein Vormund bestimmt werden.
Eckpunkte für eine Reform des Kindschafts- und Abstammungsrechts hatte Buschmann bereits im Januar 2024 vorgelegt. Die angekündigten Neuregelungen hatten schon vor Veröffentlichung des Gesetzentwurfs für reichlich Gesprächsstoff gesorgt.