Re­form des Fa­mi­li­en­rechts: Zwei Müt­ter ab Ge­burt und mehr Kin­der­rech­te
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Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) will bei den ge­plan­ten Än­de­run­gen zu Un­ter­halt, Ab­stam­mung und Kind­schafts­recht Tempo ma­chen. Unter an­de­rem sol­len Ju­gend­li­che mehr Mit­spra­che in Sor­ge­rechts­fra­gen er­hal­ten.

Mit der an­ge­kün­dig­ten Re­form des Fa­mi­li­en­rechts soll es für nicht mit der Mut­ter ver­hei­ra­te­te Väter ein­fa­cher wer­den, beim Sor­ge­recht be­rück­sich­tigt zu wer­den. Das sieht der Ent­wurf des Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ters für ein ver­än­der­tes Kind­schafts­recht vor, der der Deut­schen Pres­se-Agen­tur vor­liegt. Da­nach soll ein Mann be­reits als Folge einer Va­ter­schafts­an­er­ken­nung au­to­ma­tisch mit sor­ge­be­rech­tigt sein, wenn nicht ein El­tern­teil der ge­mein­sa­men Sorge in­ner­halb eines Mo­nats – ohne An­ga­ben von Grün­den – wi­der­spricht.

Ge­stärkt wer­den soll zudem die Rechts­po­si­ti­on von Kin­dern. Bei­spiels­wei­se soll ein Kind ge­trenn­ter El­tern ab dem 14. Le­bens­jahr eine neu­er­li­che Ent­schei­dung über eine be­reits ge­trof­fe­ne Sor­ge­rechts­ent­schei­dung be­an­tra­gen kön­nen. Au­ßer­dem be­tont der Re­fe­ren­ten­ent­wurf den An­spruch des Kin­des, Aus­kunft über seine Ab­stam­mung zu er­hal­ten. Kin­der sol­len nicht nur ein Recht auf Um­gang mit den El­tern haben, son­dern auch auf Um­gang mit Ge­schwis­tern und Gro­ß­el­tern.

Busch­mann woll­te seine drei Ent­wür­fe für die Re­form zu Kind­schafts­recht, Un­ter­halt und Ab­stam­mungs­recht ei­gent­lich schon in die­sem Herbst ins Ka­bi­nett brin­gen. Doch in­ner­halb der Ampel sehen ei­ni­ge noch Ab­stim­mungs­be­darf. Wohl um etwas Dy­na­mik in den Pro­zess zu brin­gen, hat das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um jetzt Ver­tre­ter der Lan­des­jus­tiz­ver­wal­tun­gen für den 25. Ok­to­ber zu einer Be­spre­chung ein­ge­la­den. Zu­sam­men mit der von Staats­se­kre­tä­rin An­ge­li­ka Schlunck ver­schick­ten Ein­la­dung wur­den auch die Ent­wür­fe ver­sandt.

Ge­mein­sa­me Ad­op­ti­on auch für Un­ver­hei­ra­te­te

Mit In­ter­es­se dürf­ten die Ar­beit an der ge­plan­ten Re­form auch Men­schen mit Ad­op­ti­ons­wunsch ver­fol­gen. Denn hier ist eine Li­be­ra­li­sie­rung ge­plant. Auch un­ver­hei­ra­te­te Paare sol­len künf­tig ge­mein­sam ein Kind ad­op­tie­ren dür­fen. Eine Ad­op­ti­on durch nur einen Er­wach­se­nen soll laut Ent­wurf so­wohl für Ver­hei­ra­te­te als auch für Un­ver­hei­ra­te­te mög­lich sein.

Nicht mehr not­wen­dig sein soll eine Ad­op­ti­on in Zu­kunft, wenn sich ein les­bi­sches Paar ge­mein­sam für ein durch Sa­men­spen­de ge­zeug­tes Kind ent­schei­det. In dem Ent­wurf, den das Mi­nis­te­ri­um den Län­dern zur Stel­lung­nah­me prä­sen­tiert hat, heißt es: "Ein­ge­führt wird auch die Mut­ter­schaft einer wei­te­ren Frau neben der Ge­burts­mut­ter, so­dass ein Kind zwei Müt­ter schon kraft Ab­stam­mungs­recht haben kann." Zudem werde das Ab­stam­mungs­recht auch für Men­schen mit ge­än­der­tem Ge­schlechts­ein­trag, ohne Ge­schlechts­ein­trag oder mit dem Ge­schlechts­ein­trag "di­vers" ge­öff­net.

Wich­tig ist Busch­mann bei den ge­plan­ten Än­de­run­gen, dass diese zwar neuen Fa­mi­li­en­mo­del­len Rech­nung tra­gen sol­len, an ei­ni­gen Grund­sät­zen aber nicht ge­rüt­telt wird. Dazu zählt: "Ein Kind hat auch künf­tig nur zwei recht­li­che El­tern." Und: "Die Frau, die das Kind ge­biert, ist auch künf­tig stets Mut­ter des Kin­des, ohne dass ihre Rechts­stel­lung an­fecht­bar oder einer Ver­ein­ba­rung zu­gäng­lich ist."

Neue­run­gen beim Kin­des­un­ter­halt ge­plant

Vor allem Väter dürf­ten auch von einer Än­de­rung pro­fi­tie­ren, die das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um vor­schlägt und über die be­reits vor ei­ni­gen Mo­na­ten De­tails be­kannt­ge­wor­den waren. Da­nach soll der mit­be­treu­en­de El­tern­teil in Fäl­len, in denen kein 50:50-Wech­sel­mo­dell ver­ein­bart ist, künf­tig we­ni­ger Kin­des­un­ter­halt zah­len müs­sen, wenn er min­des­tens 29% der Be­treu­ung über­nimmt. Ma­ß­geb­lich bei der Be­rech­nung des An­teils soll die An­zahl der Über­nach­tun­gen sein. Mit den fi­nan­zi­el­len Er­leich­te­run­gen sol­len mit­be­treu­en­de Väter be­zie­hungs­wei­se Müt­ter er­mu­tigt wer­den, sich stär­ker an Pfle­ge und Er­zie­hung des Kin­des zu be­tei­li­gen.

Falls sich ge­trenn­te El­tern mit ge­mein­sa­mem Sor­ge­recht in all­täg­li­chen Fra­gen un­eins sind, soll es künf­tig eine al­lei­ni­ge Ent­schei­dungs­be­fug­nis geben. Das würde be­deu­ten, dass ein El­tern­teil sol­che Dinge für den Zeit­raum, in dem sich das Kind bei ihm auf­hält, al­lein ent­schei­den kann – also zum Bei­spiel, ob das Kind don­ners­tags immer zum Schwimm­kurs geht oder nicht. Nur wenn eine sol­che Ent­schei­dung Fol­gen hat, die auch die Zeit be­tref­fen, die der an­de­re El­tern­teil mit dem Kind ver­bringt, müs­sen beide zu­stim­men.

Schutz vor ge­walt­tä­ti­gem El­tern­teil

In Busch­manns Ent­wurf zum Kind­schafts­recht heißt es au­ßer­dem, dass fest­ge­stell­te häus­li­che Ge­walt in einem Um­gangs­ver­fah­ren zwin­gend be­rück­sich­tigt und der Kin­der­schutz ge­stärkt wer­den solle. Das Ge­walt­schutz­ge­setz soll dem Ge­richt er­mög­li­chen, an­zu­ord­nen, dass ein Täter an einem so­zia­len Trai­nings­kurs teil­nimmt. Das Ge­richt soll zudem ent­schei­den, ob ein Ent­zug des Um­gangs­rechts not­wen­dig ist, um das Kin­des­wohl und die kör­per­li­che Un­ver­sehrt­heit des an­de­ren El­tern­teils zu ge­währ­leis­ten.

Eine wei­te­re ge­plan­te Neue­rung be­trifft un­be­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Aus­län­der. Hier soll das "Ruhen der el­ter­li­chen Sorge" in der Regel an­ge­nom­men wer­den. Da­durch kann für diese Kin­der ra­scher ein Vor­mund be­stimmt wer­den.

Eck­punk­te für eine Re­form des Kind­schafts- und Ab­stam­mungs­rechts hatte Busch­mann be­reits im Ja­nu­ar 2024 vor­ge­legt. Die an­ge­kün­dig­ten Neu­re­ge­lun­gen hat­ten schon vor Ver­öf­fent­li­chung des Ge­setz­ent­wurfs für reich­lich Ge­sprächs­stoff ge­sorgt.

Anne-Beatrice Clasmann, 7. Oktober 2024 (dpa).

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