Man habe die Rückmeldungen zur geplanten Konzentration aller Fachgerichte an einem einzigen Standort berücksichtigt und ein neues Konzept entwickelt, hieß es am Dienstag in einer Mitteilung des schleswig-holsteinischen Justizministeriums. Der Kompromiss sei gemeinsam mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte erarbeitet und dem Kabinett präsentiert worden. Danach sollen einige Fachgerichte aus ihren eigenen Gebäuden ausziehen und bei den ordentlichen Gerichten unterkommen. Andere Sozial- und Arbeitsgerichte sollen in Zweigstellen bzw. auswärtige Kammern umgewandelt werden.
Auf diese Weise werde man einerseits Synergien bei Gebäuden und Personal erreichen, zugleich aber die Präsenz der Fachgerichtsbarkeiten in der Fläche erhalten, so Ministerin von der Decken. Geplant sind zwei größere, gerichtsbarkeitsübergreifende Einheiten in Schleswig und in Kiel, in denen Fachgerichte unter einem Dach vereint werden. Das Fachgerichtszentrum in Schleswig soll das OVG und das LSG umfassen. In Kiel sollen FG und LAG zusammen untergebracht sein.
Bei den erstinstanzlichen Gerichten soll jedes Fachgericht mit jeweils vier Standorten in der Fläche vertreten bleiben – je zwei Gerichte und zwei Zweigstellen bzw. auswärtige Kammern. Im Ergebnis müsse mit diesem Kompromiss nur das ArbG in Neumünster aufgegeben werden, teilt das Justizministerium mit. Das ArbG Elmshorn werde als auswärtige Kammer nach Itzehoe verlagert. Indem sich die Gerichte künftig Gebäude teilten, komme man von derzeit 17 auf künftig zehn Standorte.
Auch neuer Plan bringt Einsparungen
Nach den ursprünglichen Plänen hatten alle Arbeits- und Sozialgerichte an einem einzigen Standort gebündelt werden sollen – wegen notwendiger Einsparungen im Landeshaushalt. Um neue Planstellen bei den überlasteten Staatsanwaltschaften schaffen zu können müsse man "die Strukturen unserer Gerichtslandschaft verschlanken und sie für die Zukunft effizienter aufstellen", hieß es. Auch wiesen die Gerichtsgebäude einen erheblichen Sanierungsstau auf.
Wesentliche Kosten- und Flächeneinsparungen sollen auch im Vergleich zum ursprünglichen Konzept erhalten bleiben, heißt es nun in der Mitteilung vom Dienstag. "Das angepasste Konzept ist eine Lösung, die eine Konzentration von Standorten mit guter Erreichbarkeit der Fachgerichte verbindet", so von der Decken. Es sei zudem vielversprechend im Hinblick auf das notwendige Einsparvolumen.
Kritik aus Justiz und Anwaltschaft zeigt Wirkung
Die Ministeriumspläne vom September hatten, insbesondere unter den Justizbediensteten, für viel Kritik gesorgt – und sogar eine Petition ausgelöst. "Mehrere Hundert Beschäftigte von insgesamt zehn betroffenen Fachgerichten unangekündigt und ohne jeden Dialog quer durchs ganze Land versetzen zu wollen, haben wir bislang in Schleswig-Holstein für unvorstellbar gehalten", hatte etwa die Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes, Christine Schmehl, kommentiert.
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte sich der Kritik angeschlossen. "Der Zugang zum Recht darf nicht vom Geldbeutel eines Landes abhängen", so BRAK-Präsident Ulrich Wessels. Gerade im Arbeits- und Sozialrecht, das so viele Bürgerinnen und Bürger betreffe, müsse die räumliche Nähe des zuständigen Gerichts gewährleistet bleiben.
Nachdem von der Decken zunächst an ihren Plänen festhielt, hat sie sich die Kritik nun offenbar doch zu Herzen genommen und sich um einen Dialog bemüht. "Mein Dank gilt ausdrücklich allen Beteiligten für den konstruktiven Austausch, um den ich gebeten hatte", so die Ministerin.
Details werden noch weiter ausgearbeitet
Zufrieden zeigte sich auch die Richterschaft: "Die Fachgerichtsbarkeiten gehen davon aus, dass auch ohne eine Konzentration an einem einzigen Standort erhebliche Einsparungen erreicht werden können. Dass die Fachgerichtsbarkeiten – teilweise in anderer Struktur – mit dem angepassten Konzept weiterhin in der Fläche präsent bleiben, ist für alle Rechtsuchenden sowie für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gute Nachricht", so die Präsidentinnen und Präsidenten der schleswig-holsteinischen Obergerichte.
Nun will das Justizministerium die Details des Konzepts weiter ausarbeiten. Anschließend soll das angepasste Konzept einer Fachgerichtsstrukturreform dem Kabinett vorgelegt werden.