Künftig sollen die Mitgliedstaaten etwa zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen verpflichtet werden. So soll rasch festgestellt werden können, ob Asylanträge unbegründet sind. Gegebenenfalls sollen die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. Ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern sollen dabei nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Die Regelung war im Vorfeld mit Blick auf Familien mit Kindern, die in solche "Auffanglager" kommen könnten, massiv kritisiert worden. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, sie zu verhindern, waren aber letztendlich am Widerstand von Ländern wie Italien gescheitert.
Neu geregelt wird die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten. Mit einem "Solidaritätsmechanismus" sollen jene Länder, in denen viele Geflüchtete ankommen, wie beispielsweise Italien, Griechenland oder Spanien, entlastet werden. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens 30.000 Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt werden. Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen. Die Verteilung der Flüchtlinge war lange Zeit ein Knackpunkt bei den Verhandlungen. Auch der EuGH musste in der Vergangenheit über Klagen zur Umverteilung von Flüchtlingen entscheiden.
An der Reform des EU-Asylrechts wird bereits seit 2015 und 2016 gearbeitet. Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer Vielzahl ankommender Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Nach langer Debatte hatten sich im Dezember 2023 die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament geeinigt; im April 2024 gab das EU-Parlament seine endgültige Zustimmung. Auch in Deutschland war die Reform bei Experten umstritten. Nachdem nun der Ministerrat grünes Licht gegeben hat, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen.
Euphorie und Skepsis in Deutschland
Als "wirklich historisch" bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Einigung. Besonders der solidarische Ansatz werde Länder wie Deutschland und Schweden entlasten. Das hofft auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die bereits vor Wochen verkündigt hatte, dass Deutschland die notwendigen Anpassungen "sehr viel schneller vornehmen" werde.
Nicht so optimistisch zeigt sich die Polizeigewerkschaft. Der Migrationsdruck werde trotz der Reform nach wie vor hoch bleiben, meinte deren Vorsitzender, Heiko Teggatz. "Solange insbesondere Deutschland die Anreize, nach Deutschland zu migrieren, nicht umgehend reduziert beziehungsweise abschafft, werden die Menschen weiterhin versuchen, illegal nach Deutschland einzureisen." Teggatz sprach sich für konsequente Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen aus.