Digitalreformen in der Justiz: BRAK hofft auf Vermittlungsausschuss

"Wir brauchen Videokonferenzen und die Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung", mahnt die BRAK. Scheiterten die Gesetze, scheitere die Digitalisierung, sagt BRAK-Präsident Ulrich Wessels und befürchtet einen "systemischen Rückschritt".

Im Vermittlungsausschuss geht es am 20.3.2024 um die Gesetzentwürfe zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. Beide hatte der Bundesrat in den Vermittlungsausschuss verwiesen – ein Appell der BRAK, die sich eine Zustimmung der Länderkammer gewünscht hatte, hatte nichts gebracht.

"In einem Rechtsstaat wie Deutschland muss Rechtssicherheit das oberste Gebot der Stunde sein. Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Wir sollten sie dringend nutzen", appellierte Wessels. An der vermehrten Nutzung von Videokonferenztechnik führe kein Weg vorbei, so die BRAK. So könnten Verfahren deutlich beschleunigt werden, lange Anreisewege würden entfallen, es sei auch mit weniger Verlegungsanträgen zu rechnen. Digitale Techniken seien stets mitzudenken, solange die bewährten Prozessmaximen und ein sicherer und effektiver Zugang zum Recht gewahrt blieben, sagt die BRAK. Die Länder waren da skeptischer. Zwar teilen sie trotz der Verweisung an den Vermittlungsausschuss das Ziel des Gesetzentwurfs. Auch sie wollen mündliche Verhandlungen per Bild- und Tonübertragung. Sie äußerten aber grundlegende Bedenken gegen einzelne Vorgaben des Gesetzes, die nach ihrer Auffassung den Kern des richterlichen Selbstverständnisses berühren und die Verfahrensleitung der Vorsitzenden unangemessen einschränken.

Auch bei der Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung legt die BRAK sich fest: Sie müsse kommen. Immerhin gehe es darum, ob ein staatlicher Grundrechtseingriff von erheblicher Tragweite (gegebenenfalls eine Gefängnisstrafe) angeordnet wird. Es müsse sichergestellt sein, dass ein gerichtliches Urteil auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage ergeht. Dafür müsse der Inhalt der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zugänglich sein – für die Verfahrensbeteiligten der jeweiligen Hauptverhandlung, aber auch für die in möglichen späteren Rechtsmittelinstanzen. Auch zu diesem Entwurf hatte der Bundesrat erhebliche grundlegende und tiefgreifende fachliche Bedenken geäußert. Er sieht insbesondere eine Gefahr für die Wahrheitsfindung und die Beeinträchtigung des Opferschutzes, befürchtet aber auch Verfahrensverzögerungen und fragt nach dem Verhältnis zwischen Aufwand auf der einen und Mehrwert auf der anderen Seite.

Redaktion beck-aktuell, bw, 4. März 2024.