Cum-Ex-Prozess gegen Hamburger Bankier Olearius hat begonnen
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© picture alliance/dpa | Thomas Banneyer

Im milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal muss sich ab diesem Montag der Ex-Chef der Warburg-Bank Chris­ti­an Olea­ri­us vor dem LG Bonn verantworten. Ihm wird besonders schwere Steuerhinterziehung in 14 Fällen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Steuerschaden auf insgesamt 280 Millionen Euro.

13 der angeklagten Fälle beziehen sich auf den Zeitraum 2006 bis 2013. Hinzu kommt ein weiterer Hinterziehungsvorwurf: Von 2016 bis 2019 soll Olearius mit falschen Angaben versucht haben, eine Steuernachzahlung zu verhindern. 

Olearius soll sich detailliert mit Cum-Ex-Strategien befasst und entsprechende Geschäfte abgesegnet haben. Der Anklageschrift zufolge war er in alle Planungen eingebunden und kannte alle Abläufe und maßgeblichen Entscheidungen. Zudem war er für die Unterzeichnung von Steuererklärungen zuständig, in deren Folge Steuern erstattet wurden, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren.

Der 81-Jährige weist die Vorwürfe zurück. Bis März 2024 sind insgesamt 28 Verhandlungstage geplant. Dem früheren Warburg-Chef drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Verdacht politischer Einflussnahme

Im Rahmen des Versuchs, die Steuernachzahlung zu verhindern, traf sich Olearius in den Jahren 2016 und 2017 mit dem damaligen Hamburger Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nach den Treffen verzichtete die Hamburger Finanzverwaltung trotz zunächst anderer Pläne vorerst auf die Rückforderungen, wodurch die unrechtmäßige Rückerstattung von Kapitalertragssteuern in Höhe 47 Millionen Euro in die Verjährung lief. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf wiederholte Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert. Später beglich die Bank nach eigenen Angaben alle Forderungen.

Die Frage, ob es damals eine politische Einflussnahme auf die Hamburger Steuerverwaltung gab, beschäftigte bereits Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft. Scholz verneint die Frage, beruft sich bezüglich der Treffen mit Olearius aber auf Erinnerungslücken. Womöglich bringt der Bonner Prozess auch Erkenntnisse zu diesem brisanten Thema in der ausführlichen Anklageschrift gegen Olearius kommt der Name Scholz mehrfach vor.

"Die Warburg Bank hat sich an Olaf Scholz gewandt, um eine steuerliche Verjährung der Tatbeute zu erreichen, da sie auf dem legalen Behördenweg nicht mehr weiterkam", sagt der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi. Der Bonner Prozess sei wichtig für den wehrhaften Rechtsstaat. "Cum-Ex-Geschäfte sind schwerste organisierte Kriminalität." Von Olearius erwarte er "Einsicht und Reue".

Cum-Ex-Geschäfte

Bei dem Geschäftsmodell inszenierten Banken und andere Finanzakteure ein Verwirrspiel für den Fiskus mit Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenansprüchen. Dabei wurde der Bund insgesamt um einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag geprellt. Der Bundesgerichtshof wertete die Geschäfte 2021 als Straftat. Es gab bereits mehrere Verurteilungen.

So bekam der Anwalt Hanno Berger, eine der treibenden Kräfte hinter dem Geschäftsmodell, zwei Haftstrafen: Das LG Wiesbaden verurteilte ihn zu acht Jahren und drei Monaten Gefängnis, das LG Bonn verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Ein ehemaliger Warburg-Geschäftsführer bekam drei Jahre und sechs Monate Haft.

Redaktion beck-aktuell, 18. September 2023 (dpa).