Cum-Ex-Aktiendeals in Milliardenhöhe
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hatte Berger vorgeworfen, von 2006 bis 2008 bei komplexen Cum-Ex-Aktiendeals mitgewirkt zu haben, die zu unberechtigten Steuerrückerstattungen in Höhe von 113 Millionen Euro führten. Bei den von Berger vermittelten Geschäften seien über frühere Beschäftigte der Hypovereinsbank Dax-Aktien im Wert von 15,8 Milliarden Euro gehandelt worden. Profiteur war ein inzwischen verstorbener Immobilieninvestor. Die Gewinne habe man aufgeteilt. Das mögliche Höchstmaß für Berger hatte bei 15 Jahren gelegen. Die Anklage hatte eine Haftstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Ehemaliger Steuerbeamter wechselte die Seiten
Berger ist die bekannteste Figur des Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof im Jahr 2021 als Straftat gewertet hat. Er beriet Banken, Fonds und Investoren bei der Konstruktion der Cum-Ex-Deals und warb über sein Netzwerk vermögende Kunden ein. Dafür kassierte er Millionen. Einst war er Beamter in der hessischen Steuerverwaltung, später wechselte er die Seiten und machte sich als Steueranwalt selbstständig. Berger hatte die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und sich als Opfer eines Justizskandals gesehen.
Berger gilt als Cum-Ex-Schlüsselfigur
Berger hat zwar das Geschäftsmodell, bei dem Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag verschoben wurden und gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden, nicht erfunden. Er gilt aber als Wegbereiter dafür, dass Cum-Ex in Deutschland im großen Stil betrieben werden konnte. Wegen der Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten und bei Banken weit verbreitet waren, büßte der deutsche Staat geschätzt mindestens zehn Milliarden Euro ein. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.
Angeklagtem droht Gesamtstrafe von bis zu 15 Jahren
Berger hatte sich durch eine Flucht in die Schweiz jahrelang der deutschen Justiz entzogen. Er wurde im Februar 2022 ausgeliefert und im vergangenen Dezember am Landgericht Bonn zu acht Jahren Haft verurteilt. Mit dem Urteil in Wiesbaden kann per nachträglichem Beschluss eine Gesamtstrafe von bis zu 15 Jahren gebildet werden. Noch ist das Bonner Urteil aber nicht rechtskräftig. Berger hat dagegen Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Verein fordert bessere Aufarbeitung
Der Verein Bürgerbewegung Finanzwende fordert ein konsequenteres Aufarbeiten des Steuerskandals. "Es müssen endlich alle Hebel in die Hand genommen werden, um die Aufklärung entschieden voranzutreiben und alle Täter vor Gericht zu bringen", sagte Vorstand Gerhard Schick der Nachrichtenagentur dpa. Man befinde sich erst am Anfang der juristischen Aufklärung "und das mehr als 10 Jahre nach dem Stopp der Geschäfte", kritisierte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete. "Viel zu lange konnten Cum-Ex-Täter die Staatskasse unbehelligt ausnehmen", monierte Schick. Die Prozesse gegen Hanno Berger seien daher ein wichtiges Signal, sagte er vor dem Urteil. Mehr Tempo forderte Schick auch bei der Aufklärung der artverwandten Cum-Cum-Geschäfte. Bei diesen Deals sei mit mehr als 28 Milliarden Euro ein fast dreimal so großer Schaden wie bei Cum-Ex-Geschäften verursacht worden.