Üblicherweise äußern sich Richterinnen und Richter des BVerfG nicht zu tagespolitischen Angelegenheiten, wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel. Und dann geht es bei diesen Diskussionen auch meist nicht um sie selbst, bzw. ihr Gericht. Anders war dies bei den langen politischen Debatten und Reibereien um die Resilienz des BVerfG. Im Kern ging es dabei darum, die Hüterinnen und Hüter der Verfassung vor einem Eingriff radikaler Kräfte zu schützen, sollten diese einmal eine demokratische Mehrheit erringen. Hintergrund sind unter anderem die Erfahrungen aus anderen Staaten, die autoritäre Verwerfungen erlebt haben. Stets konzentrierten sich solche Kräfte frühzeitig auf die Verfassungsgerichtsbarkeit.
Im Grundsatz waren sich die meisten Parteien des Bundestags darüber einig, dass das BVerfG gegen Verfassungsfeinde "wetterfest" gemacht werden müsse, die Detailarbeit gestaltete sich dann aber als schwierig. Nach langem Tauziehen fand man schließlich einen überparteilichen Kompromiss, hinter dem nicht nur die Regierung, sondern auch die Union stand. Danach sollen einige Normen aus dem BVerfGG in das GG übernommen werden, um sie so dem Zugriff der einfachen parlamentarischen Mehrheit zu entziehen. Sie könnten dann nicht mehr ohne Zweidrittelmehrheit geändert werden - keine Garantie, aber doch eine hohe Hürde. Hierfür will man die Art. 93, 94 GG um entsprechende Vorschriften ergänzen.
Unter anderem soll die Amtszeit der Richterinnen und Richter, die auf 12 Jahre begrenzt ist, im Grundgesetz festgeschrieben werden, ebenso die Altersgrenze von 68 Jahren. Dazu will man auch die Anzahl der Senate (2) und der Richterinnen und Richter (16) absichern, ebenso wie die Vorschrift, dass diese nicht wiedergewählt werden können und, wenn noch keine Nachfolge gewählt ist, sie bis zur Wahl im Amt verbleiben. Auch die Bindungswirkung von BVerfG-Entscheidungen und die Geschäftsordnungsautonomie des Gerichts werden nach dem Vorschlag grundgesetzlich verbürgt. Schließlich soll eine Öffnungsklausel im Grundgesetz eine Blockade der Wahl eines neuen Richters, bzw. einer neuen Richterin verhindern.
"Autokratische Bestrebungen richten sich auch und gerade gegen die Verfassungsgerichtsbarkeit"
Der Vorschlag, den das Bundesjustizministerium nach Abschluss der Beratungen nach Karlsruhe übersandte, wird dort offenbar gut geheißen. Wie das BVerfG mitteilte, hat das Plenum des Gerichts am Mittwoch eine Stellungnahme beschlossen, wonach man das Bestreben des Gesetzgebers zur Sicherung der Resilienz begrüße. Das Gericht führte aus, die Verfasserinnen und Verfasser des Grundgesetzes hätten 1949 die Strukturvorgaben des BVerfG vor allem mangels Erfahrungen mit einem Verfassungsgericht vorerst nur teilweise konturiert. "75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes ist eine nähere verfassungsrechtliche Konturierung des Bundesverfassungsgerichts möglich und überzeugend", heißt es in der Mitteilung aus Karlsruhe. "Eine solche liegt auch deshalb nahe, weil ein Blick über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus zeigt, dass sich autokratische Bestrebungen auch und gerade gegen die Verfassungsgerichtsbarkeit als Garantin einer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung richten können." Gegen die geplanten Maßnahmen erhebe man daher keine Einwendungen.
Ob das Gericht auch weitergehende Vorschläge, wie etwa die Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl der Richterinnen und Richter des BVerfG im Grundgesetz festzuschreiben, gern umgesetzt gesehen hätte, ließ man indes offen. Es seien sowohl dafür als auch dagegen "jeweils gut nachvollziehbare Argumente vorgebracht worden", so das BVerfG, die "nicht zuletzt auf unterschiedlichen prognostischen Einschätzungen über künftige politische Mehrheitsbildungen" fußten. Da man dies in Karlsruhe ebenfalls nicht absehen könnte, sehe das Gericht insoweit von einer Stellungnahme ab.