Der wegen Rechtsbeugung zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilte frühere Familienrichter Christian D. ist zum zweiten Mal in Karlsruhe gescheitert – nach dem BGH nun auch vor dem BVerfG. Die zuständige Kammer nahm seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an (Beschluss vom 05.06.2025 - 2 BvR 373/25).
Bereits im Jahr 2020 war D. nicht mit den Corona-Maßnahmen der Regierung einverstanden gewesen. Er besuchte Veranstaltungen von anderen Kritikerinnen und Kritikern und vernetzte sich mit Gleichgesinnten aus der Justiz. Im April 2021 untersagte er dann trotz entsprechender behördlicher Verordnung zwei Schulen Infektionsschutzmaßnahmen, wie unter anderem die Maskenpflicht, durchzusetzen. Ihm seien immer wieder Berichte von Kindern zugetragen worden, die unter den Maßnahmen psychisch und physisch gelitten hätten. Er habe es daher als seine Pflicht gesehen, die Kinder zu schützen und gegen die Maßnahmen einzuschreiten, beteuerte der Richter später.
Auf die Beschwerde des Thüringer Bildungsministeriums hob das OLG Jena den Beschluss jedoch schnell wieder auf. Auch der BGH bestätigte dies später.
Entscheidung von vornherein geplant
Damit war es jedoch nicht erledigt, denn die Angelegenheit hatte für Christian D. strafrechtliche Konsequenzen: Für seine Entscheidung verurteilte das LG Erfurt ihn wegen Rechtsbeugung zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Der Richter sei in gravierender Weise befangen gewesen und habe eine Entscheidung gefällt, die er von vornherein so beabsichtigt habe, so das Gericht.
Das Verfahren habe eigentlich gar nicht im Zuständigkeitsbereich des Familienrichters gelegen, sondern wäre vielmehr Sache der Verwaltungsgerichte gewesen; er habe aber zielgerichtet darauf hingearbeitet, das Verfahren in seinen Geschäftsbereich zu bringen. Er habe dazu aktiv Eltern gesucht und in seinen Gerichtssaal gelotst, um gegen die damaligen Corona-Maßnahmen ein Kindesschutzverfahren führen zu können. Außerdem habe der Richter gezielt über seine private E-Mail-Adresse Sachverständige angeworben, die seine vorgefasste Auffassung bestätigen würden.
Zahlreiche Unterstützung vor dem BGH
Gegen das Erfurter Urteil legten Christian D. wie auch die Staatsanwaltschaft Revision ein. Beide Revisionen verwarf der BGH jedoch als unbegründet. Das LG habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Familienrichter bereits 2021 die Absicht gehabt habe, die Corona-Maßnahmen an den Weimarer Schulen zu verbieten, und darauf auch zielgerichtet hingearbeitet habe. Dabei habe er das Richteramt für seine Zwecke benutzt und missbraucht.
Zudem habe er in elementarer Weise gegen Verfahrensvorschriften verstoßen und sich zahlreiche Gehörsverstöße zuschulden kommen lassen. Das Geschehen habe das LG somit zutreffend als Rechtsbeugung gewertet. Im konkreten Fall komme es weder auf die Motive des Richters an, noch darauf, ob die Entscheidung materiell rechtskonform gewesen sei, so die Richterinnen und Richter des BGH-Senats damals. Die Verfahrensverstöße hätten in ihrer Kombination zu schwer gewogen.
Zur Verhandlung am BGH waren zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer des Richters erschienen, um ihre Solidarität zu bekunden. Die Anhängerschaft fiel auch in der Verhandlung immer wieder durch höhnisches Lachen, Klatschen oder Zwischenrufe auf, was zu einem ernsten Ordnungsruf durch die Vorsitzende Richterin führte.
BVerfG: Keine Willkür des BGH
Gegen das Urteil des BGH blieb nun nur noch die Verfassungsbeschwerde zum BVerfG, die D. damit begründete, dass das Urteil einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle. Es liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, da der BGH ohne ausreichende Begründung von seinen in ständiger Rechtsprechung etablierten Maßstäben zum Tatbestand der Rechtsbeugung abgewichen sei, hieß es im Schriftsatz der Verteidigung.
Das BVerfG überzeugte sie damit jedoch nicht. Die Auslegung der Strafgesetze und ihre Anwendung im einzelnen Falle seien Sache der zuständigen Gerichte, so das BVerfG. Ein Eingreifen komme nur in seltenen Fällen in Betracht. Der Richter habe einen solchen gravierenden Verstoß gegen das Willkürverbot aber nicht schlüssig aufzeigen können.
Für den Richter hat die Verurteilung auch berufliche Konsequenzen. Nach dem Deutschen Richtergesetz muss ein wegen einer vorsätzlichen Tat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilter Richter aus dem Amt entlassen werden.