Die darin vorgesehenen Grundsatzentscheidungen des BGH sollen rechtliche Maßstäbe liefern, wenn an deutschen Gerichten viele ähnliche Fälle anhängig sind - etwa bei mutmaßlich unzulässigen Vertragsklauseln von Internetanbietern und Fitnessstudios oder in Fällen wie dem Diesel-Skandal. Amts- und Landgerichte sollen dadurch schneller und einheitlicher entscheiden können.
Ohne höchstrichterliche Klärung müssen sich die unteren Instanzen nämlich bislang immer wieder mit neuen Verfahren zu ähnlichen Sachverhalten beschäftigen. Auch kommt der BGH bislang gar nicht zum Einsatz, wenn Vergleiche geschlossen oder Klagen zurückgezogen werden.
Deshalb erhält er mit dem neuen Leitentscheidungsverfahren nun die Möglichkeit, grundsätzliche Rechtsfragen auch aus eigenem Antrieb zu entscheiden. Wird in einem Massenverfahren Revision eingelegt, kann der BGH dieses Verfahren zu einem Leitentscheidungsverfahren bestimmen. Er entscheidet dann über die grundsätzlichen Rechtsfragen - und zwar auch dann, wenn sich das Revisionsverfahren erledigt.
Auf das betroffene Revisionsverfahren hat die Leitentscheidung keine direkten Auswirkungen. Den Parteien bleibt es unbenommen, sich zu vergleichen oder die Revision zurückzunehmen. Die Leitentscheidung diene – wie eine Revisionsentscheidung sonst auch – den Gerichten und der Öffentlichkeit als Richtschnur und zur Orientierung, betonte das Bundesjustizministerium in seinem Gesetzesvorschlag. Gerichte könnten bei ihnen anhängige Parallelverfahren im Einverständnis mit den Parteien bis zur Revisions- oder Leitentscheidung aussetzen.
Im August 2023 hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Kritik an den Plänen gab es aber auch, unter anderem von der Bundesrechtsanwaltskammer.