BRAK kritisiert Vorschläge zur Justizentlastung in Massenverfahren

In der Diskussion um Maßnahmen zur Entlastung der Gerichte in Massenverfahren hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in einer Stellungnahme zahlreiche Vorschläge wegen der damit Beschränkungen der Prozessrechte der Parteien und der freien anwaltlichen Berufsausübung scharf kritisiert. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Parteien eines Prozesses nur noch als Objekt des Verfahrens verstanden würden, so die BRAK.

Diskutierte Vorschläge zur Entlastung der Gerichte in Massenverfahren

Zur Entlastung der Gerichte in Massenverfahren wurden in den letzten Jahren aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen diverse Maßnahmen vorgeschlagen und gefordert, so etwa vom Deutschen Richterbund, der Justizministerkonferenz oder in einem Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel "Kollaps der Ziviljustiz verhindern – Wirksame Regelungen zur Bewältigung von Massenverfahren schaffen". Die Hauptforderungen sind insbesondere, in Massenverfahren den Instanzenzug auf eine Tatsacheninstanz zu begrenzen, die Beweisaufnahme zu konzentrieren, Entscheidungen im schriftlichen Verfahren auch ohne Zustimmung der Parteien zu ermöglichen und die Anordnung der Geheimhaltung für eingereichte Unterlagen durch Beschluss zu ermöglichen, ohne hierfür eine Verhandlung über den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß §§ 172, 174 GVG führen zu müssen. Ferner werden ein Vorabentscheidungsverfahren beim Revisionsgericht und die Aussetzungsmöglichkeit für Folgeverfahren sowie die Strukturierung des Parteivortrags durch ein elektronisches Basisdokument diskutiert.

Beschränkung von Prozessrechten statt "Problem an der Wurzel packen"

Bis auf die Einführung eines Vorabentscheidungsverfahren lehnt die BRAK die genannten Vorschläge strikt ab. Sie kritisiert mit den Vorschlägen verbundene Beschränkungen von Verfahrensgrundsätzen und Prozessrechten der Parteien sowie der freien anwaltlichen Berufsausübung. "Im Gesamtzusammenhang der unterbreiteten Vorschläge drängt sich der Eindruck auf, dass die Parteien eines Prozesse nur noch als Objekt des Verfahrens verstanden werden, nicht aber als verantwortlich handelnde Subjekte", so die BRAK. Sie moniert, dass die Vorschläge die Problematik der Massenverfahren falsch anpacken. "Anstatt das Problem an der Wurzel zu packen, wo – teilweise wissentlich und willentlich – Verbraucherrechte verletzt werden, sollen die Handlungsmöglichkeiten derjenigen, die in ihren Rechten verletzt wurden sowie derjenigen, die sie bei der Geltendmachung ihrer Rechte beraten und vertreten, weiter verkürzt werden". Die BRAK vermisst ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie Massenverfahren praktikabel und zugleich im Einklang mit rechtsstaatlichen Grundsätzen bewältigt werden könnten, sowie eine dazu erforderliche ausreichende Datenlage zu Massenverfahren.

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2023.