Die Bundesregierung hat am Mittwoch steuerliche Entlastungen für Privatpersonen und Unternehmen auf den Weg gebracht. Für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen bereits für dieses Jahr höhere Freibeträgen gelten, zudem fallen die Steuerklassen 3 und 5 künftig weg, sodass Ehepaare und Lebenspartnerinnen und -partner ab 2030 anders eingruppiert werden. Auch soll es mehr Kindergeld geben.
Unternehmen hingegen sollen nach den Plänen der Regierung von steuerlichen Abschreibungen und einer Ausweitung der Forschungszulage profitieren. Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sollen die Entlastungen bis 2028 durchschnittlich 14 Milliarden Euro pro Jahr betragen.
Mit der Anhebung der Freibeträge in der Einkommensteuer kommt der Bund lediglich seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nach, das Existenzminimum steuerfrei zu halten. Die Freibeträge müssen daher regelmäßig angepasst werden. Die nun beschlossenen Anpassungen sollen schon für das laufende Jahr 2024 greifen, der Freibetrag wird dafür um 180 Euro auf 11.784 Euro angehoben. Im kommenden Jahr soll er um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro angehoben werden, 2026 noch einmal um 252 Euro auf dann 12.336 Euro. Der steuerliche Kinderfreibetrag soll in diesem Jahr um 228 Euro auf 6.612 Euro angehoben werden. 2025 soll er um weitere 60 Euro auf 6.672 Euro, 2026 noch einmal um 156 Euro auf 6.828 Euro erhöht werden. Die Zahlen sind allerdings noch vorläufig und können im Herbst noch angepasst werden, wenn neue Zahlen zum Existenzminimum vorliegen.
Kalte Progression wird ausgeglichen
Ab Januar sollen Familien pro Monat und Kind fünf Euro mehr Kindergeld bekommen – also 255 statt bisher 250 Euro monatlich. Im Jahr 2026 ist eine weitere Anpassung geplant: Dann gibt es noch einmal vier Euro mehr, also 259 Euro monatlich pro Kind. Auch der Kindersofortzuschlag, der Familien mit geringen Einkommen unterstützt, soll ab Januar um fünf Euro steigen. Pro Kind gibt es dann 25 Euro im Monat. Die Entlastungen für Familien waren Teil der mühsamen Einigung der Ampel-Koalition zum Haushalt 2025.
Finanzminister Lindner hat in den Haushaltsverhandlungen durchgesetzt, dass die Eckwerte in der Einkommensteuer erneut an die Inflation angepasst werden. Die Einkommensgrenzen, ab denen der nächsthöhere Steuersatz fällig wird, werden nach oben verschoben – mit Ausnahme der Reichensteuer. Dieser Steuersatz, der mit 45% noch oberhalb des Spitzensteuersatzes liegt, soll weiterhin ab 227.826 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen gelten. Die Freigrenzen für den Solidaritätszuschlag dagegen werden auch angehoben.
Damit gleicht die Bundesregierung die sogenannte kalte Progression aus. Ohne diese Anpassung würde ein Gehaltsplus in Höhe der Inflation zu höheren Steuern führen – obwohl der Betroffene letztlich überhaupt keine höhere Kaufkraft hat.
Andere Steuerklassen für Paare
Die Steuerklassen 3 und 5 sollen künftig wegfallen. Bislang konnten Paare mit ungleicher Einkommensverteilung hiermit ihre monatliche Steuerlast gering halten, indem der Gutverdiener Steuerklasse 3 wählte und dabei von höheren Freibeträgen profitierte, während der Partner mit dem geringeren Lohn in Steuerklasse 5 erheblich höhere Abzüge in Kauf nahm. So stand am Monatsende ein höheres Nettoeinkommen zur Verfügung – vorbehaltlich möglicher Nachzahlungen.
Die Bundesregierung will die beiden Steuerklassen nun abschaffen. Stattdessen sollen Partner ab 2030 automatisch in Steuerklasse 4 mit dem sogenannten Faktorverfahren fallen. Das Finanzamt berechnet dann konkret, wer wie viel netto zum Einkommen beiträgt, und besteuert entsprechend. Die Lohnsteuerbelastung soll so gerechter auf beide Eheleute oder Lebenspartner verteilt werden. Unter dem Strich ändert sich die Steuerbelastung für die Paare nicht, Nachzahlungen werden aber seltener.
Ehegattensplitting bleibt möglich
Das umstrittene Ehegattensplitting wird dagegen nicht angetastet. Auch beim Faktorverfahren von Steuerklasse 4 wird das Ehegattensplitting angewendet. Partner können damit eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. Beide Einkommen werden dann zusammengerechnet, und bei der Berechnung der Steuerlast nimmt das Finanzamt an, dass beide gleich viel zum Familieneinkommen beitragen. Das bringt Vorteile, wenn die Partner unterschiedlich viel verdienen – denn das kleinere Einkommen dämpft die Steuerbelastung des großen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) würde die Regelung gerne abschaffen: Das Splitting belohne Einkommensunterschiede und gebe so Anreize, dass Frauen nur in Teilzeit arbeiten. Das führe letztlich zu geringeren Rentenansprüchen und mehr Altersarmut bei Frauen. Die FDP schließt eine Abschaffung dagegen aus, weil sie einer deutlichen Steuererhöhung gleichkäme.
Entlastungen für Unternehmen sollen Konjunktur ankurbeln
Ebenfalls am Mittwoch einigte sich die Regierung auf Entlastungen für Unternehmen. Geplant sind Verbesserungen bei steuerlichen Abschreibungen und eine Ausweitung der Forschungszulage. Damit sollen zentrale Maßnahmen des geplanten Wachstumspakets umgesetzt werden.
Für dieses Jahr wird nur ein geringes Wachstum in Deutschland erwartet. Die Bundesregierung will mit einer "Wachstumsinitiative" gegensteuern. Um private Investitionen anzureizen, soll die sogenannte degressive Abschreibung für Investitionsgüter bis 2028 verlängert werden, zugleich soll der Satz angehoben werden. Allein dieser Schritt bringt Bund, Ländern und Kommunen laut Gesetzentwurf Steuermindereinnahmen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr. Geplant ist daneben eine Reform der sogenannten Sammelabschreibungen. Um die Attraktivität der steuerlichen Forschungszulage für Unternehmen zu steigern, soll die maximale Bemessungsgrundlage angehoben werden.
Fraglich ist, ob der Bundesrat die Pläne voll mitträgt. Im Frühjahr war das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung mit Entlastungen für Firmen nach einem Vermittlungsverfahren von Bundesrat und Bundestag vom Volumen her deutlich geringer ausgefallen als geplant – heraus kamen statt Entlastungen von sieben Milliarden Euro jährlich nur solche von rund drei Milliarden Euro.