Nachdem im März die Legalisierung von Cannabis den Bundesrat passiert hat, billigte nach dem Bundestag jetzt auch die Länderkammer damit zusammenhängende verkehrsrechtliche Gesetzesänderungen. Für die Feststellung der Fahrtüchtigkeit schreibt das Straßenverkehrsgesetz nun erstmalig einen zulässigen THC-Grenzwert im Blutserum fest. Ging die Rechtsprechung bisher von einem Grenzwert von 1,0 ng/ml aus, sieht das Gesetz nun einen Wert von 3,5 ng/ml THC vor. Wer diesen überschreitet und ein Fahrzeug führt, handelt ordnungswidrig und muss mit einem Bußgeld bis 3.000 Euro rechnen.
Darüber hinaus wurde die Novelle der Straßenverkehrsordnung nun mit mehreren Monaten Verspätung besiegelt, nachdem der Bundesrat ein zugrundeliegendes Gesetz ausgebremst und in den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Parlament geschickt hatte. Die Neuregelungen sollen nach Plänen des Bundesverkehrsministeriums den Rahmen für Entscheidungen vor Ort erweitern. Verbessert werden soll damit auch das Miteinander von Autos, Bussen und Bahnen, Radlern und Fußgängern. So soll die Anordnung von Tempo-30-Zonen leichter werden, und zwar nicht nur in Nebenstraßen, sondern auch auf Vorfahrtstraßen. Auch Sonderfahrstreifen oder extra Ampelschaltungen für Linienbusse werden leichter möglich - ebenso das Bereitstellen "angemessener Flächen" für rollende und abgestellte Fahrräder sowie für Fußgängerinnen und Fußgänger.
Ämter sollen auch Fahrstreifen zum Erproben klimafreundlicher Mobilität einrichten können - etwa für E-Autos, Wasserstoff-Fahrzeuge oder Wagen, in denen mehrere Insassen sitzen. Zonen mit Parkausweisen für Autobesitzer aus dem Viertel seien ein "wirksames Instrument zur Aussteuerung der Parkbelastung in städtischen Quartieren". Künftig sollen sie nicht nur als Reaktion auf erheblichen "Parkdruck" möglich sein - sondern schon für verkehrsplanerische und städtebauliche Erwägungen geöffnet werden, um solchen Parkdruck gar nicht eintreten zu lassen. Für gesonderte Parkflächen zum Be- und Entladen für private und gewerbliche Zwecke soll es ein neues, einheitliches Verkehrszeichen geben. Das soll den Parksuchverkehr und das Halten und Parken in zweiter Reihe eindämmen.
Düngegesetz vorerst gescheitert
Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung dem zweiten Gesetz zur Änderung des Düngegesetzes hingegen die Zustimmung verweigert. Das Gesetz sollte unter anderem die Grundlagen für die Nährstoffbilanzverordnung und die Monitoringverordnung bilden. Durch erstere sollte die Nährstoffbilanz landwirtschaftlicher Betriebe verbessert werden, indem diese ihre Nährstoffverwendung dokumentieren, um künftig nachhaltiger und effizienter zu düngen. Durch das Monitoring wollte die Bundesregierung überprüfen, wie wirksam die geltenden Düngeregeln sind.
Ziel des Gesetzes war es auch, die hohe Nitratbelastung deutscher Gewässer zu senken, wie von der EU-Kommission und dem Europäischen Gerichtshof wiederholt gefordert. Bundesregierung oder Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über Kompromisse zum Düngegesetz zu verhandeln.
Bundesrat billigt BAföG-Reform und Berufsvalidierung
Grünes Licht gab es am Freitag dagegen für die vom Bundestag beschlossene 29. Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). Die Neuregelung erhöht den monatlichen Grundbedarf von 452 Euro auf 475 Euro. Studierende, die nicht mehr bei den Eltern oder in deren Eigentum wohnen, sollen 380 Euro statt bisher 360 Euro pro Monat für die Miete erhalten. Auch die Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge werden angepasst.
Zu den im Gesetz enthaltenen Neuerungen gehört zudem die Einführung eines so genannten Flexibilitätssemesters. Ebenso soll die Frist für einen Wechsel der Studienrichtung verlängert werden. Junge Menschen aus finanzschwachen Familien sollen mit einer Studienstarthilfe von 1.000 Euro einen weiteren Anreiz zur Aufnahme eines Studiums erhalten.
Die Länderkammer hat auch dem Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz zugestimmt. Mit dem Gesetz sollen Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die auch ohne vorherige Ausbildung im Berufsleben gesammelt wurden, formal festgestellt und bescheinigt werden. Die Validierung setzt voraus, dass Berufserfahrungen über einen Zeitraum gesammelt wurden, der dem Eineinhalbfachen der Ausbildungszeit im jeweiligen Beruf entspricht. Teilnehmer am Validierungsverfahren müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Des Weiteren soll mit dem Gesetz die Digitalisierung der beruflichen Bildung vorangetrieben werden, indem konsequent digitale Dokumente und medienbruchfreie digitale Abläufe in der Verwaltung ermöglicht werden.
Änderung des Hochbaustatistikgesetzes geht in den Vermittlungsausschuss
Die auf Initiative der Bundesregierung vom Bundestag beschlossene Änderung des Hochbaustatistikgesetzes ist am Freitag vom Bundesrat in den Vermittlungsausschuss überwiesen worden. Die Länder fordern die Bundesregierung auf, das Einspruchsgesetz grundlegend zu überarbeiten.
Länder und Kommunen seien derzeit organisatorisch, personell und technisch nicht in der Lage, das Gesetz mit den vorgesehenen Übergangsfristen umzusetzen. Der Stand der Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren in den Ländern werde nur unzureichend berücksichtigt. Notwendige Hilfslösungen zur Überbrückung hätten einen erheblichen Zuwachs an Bürokratie und einen hohen Personalbedarf zur Folge. Dies gelte auch für die vorgesehenen zusätzlichen und häufigeren Meldepflichten beim Wohnungsbau. Dies stünde "im klaren Gegensatz zum Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern, durch den insbesondere die Bürokratiebelastung deutlich reduziert werden soll".
Im Anschluss an die Anrufung des Vermittlungsausschusses fasste der Bundesrat eine Entschließung, in der er die Bundesregierung mit konkreten Vorschlägen auffordert, das Gesetz zugunsten eines rechtssicheren und ressourcenschonenden Vollzugs nachzujustieren. Das Gesetz sieht unter anderem vor, Daten über das Baugeschehen in kürzeren Abständen zu erheben und eine neue Statistik einzuführen.
Grünes Licht für Postreform
Der Bundesrat hat dem Postrechtsmodernisierungsgesetz zugestimmt. Briefe werden auch zukünftig an sechs Tagen in der Woche zugestellt, allerdings werden die Brieflaufzeiten um einen Tag zu verlängert. Mussten bisher Briefe mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% am zweiten Werktag nach dem Absenden beim Empfänger ankommen, müssen sie das zukünftig erst am dritten Werktag. Um den Wettbewerb bei Warensendungen - insbesondere im Online-Handel - zu stärken, wird der Markt für weitere Anbieter geöffnet. Voraussetzung für Marktzugang ist die Einhaltung der Regelungen zu den Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Letzteres gilt insbesondere mit Blick auf schwere Pakete, die künftig ab 20 kg nur noch von mindestens zwei Personen oder mit geeigneten technischen Hilfsmitteln ausgeliefert werden dürfen.
Ziel der Novelle ist auch eine höhere Nachhaltigkeit bei der Paketzustellung. Durch ein Umweltzeichen sollen die Empfängerinnen und Empfänger nachvollziehen können, wie hoch die Treibhausbelastung durch die jeweilige Paketbeförderung war.
Bundesrat verlangt Strafe für bösartige Deepfakes und Straftatbestand für politisches Stalking
Der Bundesrat hat Freitag zudem einen Gesetzentwurf zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deepfakes beschlossen. Er geht auf eine Initiative von Bayern zurück. Unter Deepfakes versteht man realistisch wirkende Medieninhalte, die am Computer – immer häufiger unter Verwendung von künstlicher Intelligenz – erzeugt werden. Das bestehende Strafrecht erfasse das Phänomen der Deepfakes bisher nur in Teilaspekten, so dass die Schaffung eines neuen Tatbestandes "Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch digitale Fälschung" erforderlich sei.
Die Länder haben außerdem einen Gesetzentwurf für einen besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern auf den Weg gebracht. Im Kern schafft der Gesetzentwurf den neuen Straftatbestand der Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes politisches Stalking. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor einer Einflussnahme durch bedrohliche Übergriffe in ihr Privatleben geschützt werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass die Strafe in der Regel härter ausfällt, wenn das politische Stalking mit einem körperlichen Angriff einhergeht.