Vorwort zur 84. Auflage
Die 84. Auflage bietet dem Nutzer eine Menge Neues. Die großen Reformen der vergangenen Jahre im Stiftungsrecht, Schuldrecht, Personengesellschaftsrecht und Betreuungsrecht haben ihren Niederschlag in ersten Gerichtsentscheidungen gefunden und neue Streitpunkte ausgelöst, die in der vorliegenden Neuauflage kommentiert werden. Hinzu kommen aus den letzten 12 Monaten stammende Gesetzesänderungen in sämtlichen fünf Büchern des BGB durch eine Fülle von Gesetzen, die im Einzelnen weiter unten dargestellt werden. Daneben waren zahlreiche wichtige Entscheidungen des BVerfG, BGH, BAG, BSG und EuGH einzuarbeiten. All dies hat, neben der Überarbeitung und Straffung verschiedener Erläuterungen, auch in der Neuauflage zu zahlreichen Änderungen, Ergänzungen und Neubearbeitungen in der Kommentierung geführt. Die wichtigsten sind in der folgenden Darstellung der Einzelbereiche erwähnt.
Im Allgemeinen Teil sind im Namensrecht die Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrecht und des Internationalen Namensrecht, in § 1 die Änderungen durch das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften und im Verjährungsrecht die Änderungen durch das Zweite Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes eingearbeitet worden. Im Vereinsrecht sind die Änderungen durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz bereits berücksichtigt worden.
Im Allgemeinen Schuldrecht hat das Zukunftsfinanzierungsgesetz in § 310 BGB eine beschränkte Bereichsausnahme von der AGB-Kontrolle für Finanzverträge eingeführt. Durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2022/2065 sind die §§ 312c, 312i BGB geändert worden. Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz hat u.a. § 383 neugefasst. Daneben haben eine Fülle neuer Entscheidungen des EuGH, des BGH und der Instanzgerichte Anlass zu zahlreichen Änderungen und Ergänzungen gegeben. Hervorzuheben sind mehrere grundlegende Entscheidungen des BGH zur Tragung des Werkstattrisikos bei der Schadensabwicklung von Verkehrsunfällen und zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs eines verbundenen Vertrags. Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben mehrere Entscheidungen des EuGH, des BGH und des BAG zur Klauselkontrolle und zu den Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln neue Akzente gesetzt (z.B. Fremd- währungsdarlehen, Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen, Mindestehedauer- und Spätehenklausel
in Arbeitsverträgen).
Im Besonderen Schuldrecht waren Änderungen der §§ 492a Abs. 1a, 493 Abs. 7, 504 Abs. 2, 554 sowie weitere acht durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz, insbesondere des § 578 Abs. 1 zur Form von Gewerbemietverträgen und des § 556, zu verzeichnen. Hinzu kamen etliche wichtige Entscheidungen von BGH, BAG und EuGH, etwa im Kaufrecht zu Mangel und Mangelsymptom, Beschaffenheitsvereinbarung bei gebrauchter Sache, im Verbraucherdarlehensrecht zu Widerruf, fehlerhaften Vertragsangaben, im Mietrecht zu Untervermietung, Mietpreisbremse, Kündigung im Arbeitsrecht zu Arbeitnehmerbegriff, Kündigung wegen vorgetäuschter Impfunfähigkeit, Massenentlassungsverfahren, im Patientenrecht zu Aufklärung und Beweislast sowie im Werkvertragsrecht zum Schadensersatz in der Leistungskette und zum Verbot der Rechtsberatung durch Architekten. Zudem gibt es bereits einige Entscheidungen zur GbR nach dem MoPeG, die eingearbeitet worden sind. Auch im Recht der unerlaubten Handlung veranlassten vor allem die zahlreichen Gerichtsentscheidungen, etwa zu den sog. Dieselfällen, umfangreichere Änderungen. An mehreren Stellen waren die zum Teil folgenreichen Entwicklungen der IT-Technik und des IT-Rechts zu berücksichtigen, etwa bei der Providerhaftung der Digital Services Act oder bei der Haftung für Künstliche Intelligenz die KI-Verordnung. Außerdem wurde die Kommentierung der §§ 823 bis 853 BGB vollständig durchgesehen und an mehreren Stellen gestrafft.
Im Sachenrecht lagen die Schwerpunkte der Überarbeitung beim Besitzschutz bei sog. smart contracts, bei den Schutzwirkungen der Vormerkung und deren Grenzen (u.a. kein Schutz gegen Revalutierung vorrangiger Sicherungsgrundschulden oder Änderung des Sicherungsvertrags, Wirksamkeitsvermerk „auf Vorrat“), der Reichweite von § 878 BGB sowie den Auswirkungen des Geldwäscherechts auf die Eigentumsübertragung. Im Fund- und Pfandrecht waren Änderungen durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz zu berücksichtigen, die zur Zulassung von hybriden und virtuellen Versteigerungen geführt haben. Anpassungsbedarf ergab sich zudem daraus, dass die Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen in § 1092 BGB erleichtert wurde.
Im Familienrecht waren mehrere Gesetzesänderungen einzuarbeiten und umfassend zu kommentieren. Hervorzuheben ist das Selbstbestimmungsgesetz, das das Transsexuellengesetz (TSG) abgelöst und zu erheblichen Änderungen im Bereich des Personenstandsrechts, des Namensrechts und des Abstammungsrechts geführt hat. Durch das Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen ist der Gesetzgeber einem Regelungsauftrag des BVerfG nachgekommen. Zum Schutz Minderjähriger, die bei Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, wurden Unterhaltsansprüche eingeführt, die sich an die Regelungen zum Ehegattenunterhalt anlehnen. Zudem wurde die Bestätigung der unwirksamen Ehe durch Neuvornahme der Eheschließung erleichtert. Schließlich wurde auch das Namensrecht durch das Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts und des Internationalen Namensrechts in weiten Teilen reformiert. Da dieses Gesetz erst zum 1.5.2025 in Kraft tritt, wird auf der Grundlage der Kommentierung zum derzeit noch geltenden Recht auf die wichtigsten Änderungen hingewiesen. Darüber hinaus wurde eine Fülle an Entscheidungen eingearbeitet, die zur Klärung bestehender Streitfragen geführt haben, aber auch Lösungen für den Praktiker in Bereichen anbieten, in denen das geltende Recht mit der sozialen Entwicklung der Lebenswirklichkeit von Familien bisher – noch – nicht ganz Schritt gehalten hat. Abzuwarten bleibt, welchen Fortgang bereits von der Bundesregierung angekündigte weitere umfassende Reformen nehmen werden. Hierzu veröffentlicht wurden zum Teil nur Eckpunkte, zum Teil auch Referentenentwürfe, zuletzt der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren. Dieser sieht, wenngleich an versteckter Stelle, einen nachträglichen Ausgleich von bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs „vergessenen“ Anrechten vor und verspricht damit ein lange verfolgtes Desiderat der Praxis einzulösen.
Im Erbrecht wurden wieder zahlreiche Entscheidungen und Veröffentlichungen eingearbeitet. Besonders hervorzuheben sind hier die Entscheidungen des BGH zur Unwirksamkeit eines vor Eheschließung geschlossenen Erbvertrags aufgrund der späteren Scheidung, zur Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung beim Zusammentreffen eigener und ererbter Gesellschaftsbeteiligungen sowie zum Gutglaubensschutz des Rechtsverkehrs bei Rechtsgeschäften mit dem Testamentsvollstrecker. Immer noch im Fluss sind die Fragen zum notariellen Nachlassverzeichnis, wo neben weiteren obergerichtlichen Entscheidungen auch mehrere Beschlüsse des BGH bezüglich der Stellung der Beteiligten und des Umfangs der Ermittlungen des Notars ergangen sind. Berücksichtigt wurde ferner bereits das Gesetz zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung (BT-Drs. 20/11849), welches bezüglich des Zugangs erbrechtlich relevanter Willenserklärungen zu Änderungen führen wird.
Im Internationalen Privatrecht hat das Selbstbestimmungsgesetz mit Art. 7a EGBGB eine neue Anknüpfungsregel zur Geschlechtszugehörigkeit eingeführt. Zudem war eine Vielzahl neuer Entscheidungen des EuGH sowie nationaler Gerichte zu berücksichtigen, etwa zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person, zum Begriff des Binnensachverhalts oder zur Bestimmung des Erfolgsorts im Falle von Vermögensschäden. Im übrigen EGBGB waren die Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz, das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sowie die Gesetze zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen und zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen usw. zu kommentieren. Daneben waren vor allem neue Urteile des BGH zu den bei Verbraucherverträgen bestehenden Informationspflichten zu berücksichtigen.
In der Kommentierung des AGG sind insbesondere Entscheidungen des BAG zu den Diskriminierungsmerkmalen sowie zur Beweislast für die Benachteiligung und den Benachteiligungsgrund her vorzuheben, ferner eine erneute Entscheidung des EuGH zu einem Kopftuchverbot.
Zum Wohnungseigentumsgesetz waren praxiswichtige Änderungen durch das Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen einzuarbeiten. Daneben waren zahlreiche Entscheidungen zu berücksichtigen, insbesondere des BGH über bauliche Maßnahmen zur Barrierefreiheit, zur Änderung der Kostenverteilung, über Ansprüche von Wohnungseigentümern bei Pflichtverletzungen des Verwalters und zum Sondereigentum an einzelnen Stellplätzen auf einem Parkpalettensystem.
Im UKlaG, das ebenso wie das LPartG und das WBVG auf der Grüneberg-Homepage zu finden
ist und dort in gewohnter Qualität kommentiert wird, sind insbesondere die zahlreichen Gesetzesänderungen durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2022/2065 und neue Entscheidungen des BGH eingearbeitet worden. Das Sachverzeichnis wurde vollständig durchgesehen,
bereinigt und um wichtige neue Stichworte ergänzt.
Die Verfasser danken den Lesern für die zahlreichen Anregungen und Hinweise, die uns auch in diesem Jahr wieder erreicht und zur Verbesserung des Werkes beigetragen haben. Wir freuen uns auf die Anregungen und Hinweise zur vorliegenden Auflage (Kontaktadresse s. S. VIII).
Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, Karlsruhe, München, Roth
im November 2024
Die Verfasser