BGH hebt Urteil wegen Rädelsführerschaft in ausländischer terroristischer Vereinigung teilweise auf

Ein wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung ergangenes Urteil des Stuttgarter Oberlandesgerichts hat nur zum Teil Bestand. Der Bundesgerichtshof hob es auf, soweit es einen der beiden Angeklagten betraf, weil die Urteilsgründe sowohl zu dessen Lasten als auch zu dessen Gunsten Rechtsfehler aufwiesen. Einen Großteil der Feststellungen hat der BGH jedoch aufrechterhalten. Die Revision des zweiten Angeklagten sowie die gegen diesen geführte Revision des Generalbundesanwalts hat das OLG hingegen verworfen (Urteil vom 20.12.2018, Az.: 3 StR 236/17).

OLG-Urteil verhängte Freiheitsstrafen von 13 beziehungsweise 8 Jahren

Konkret ging es um die Angeklagten Dr. M. und M. Dr. M. hatte das OLG wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (FDLR - Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) in Tateinheit mit Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren, den Angeklagten M. wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.

Beide Angeklagte für terroristische Vereinigung FDLR tätig

Nach den vom OLG getroffenen Feststellungen waren die Angeklagten, die in Ruanda geboren und bereits Ende der 1980er Jahre nach Deutschland emigriert waren, bis zu ihrer Inhaftierung im November 2009 in führenden Positionen - als Präsident und erster Vizepräsident - für die terroristische Vereinigung FDLR tätig. Deren armeeähnlich organisierte Miliz FOCA (Streitkräfte der Befreier), zu der mehrere tausend Kämpfer gehörten, hatte sich bereits seit vielen Jahren an bewaffneten Auseinandersetzungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo beteiligt.

Förderung von Angriffen auf Siedlungen

In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Miliz gewaltsame Übergriffe auf die kongolesische Zivilbevölkerung vor, zum einen in der Form organisierter Plünderungen, zum anderen - nach Militäroperationen der ruandischen und kongolesischen Armee - durch gezielte Vergeltungsangriffe auf fünf Siedlungen. Vier dieser Vergeltungsangriffe, bei denen zahlreiche Zivilisten getötet und eine Vielzahl von Häusern niedergebrannt wurden, förderte der Angeklagte Dr. M. vorsätzlich, indem er der FOCA Telefoneinheiten und Zubehör für Satellitentelefone zu militärischen Zwecken zuwendete und für die FDLR Öffentlichkeits- und Propagandaarbeit betrieb. Hinsichtlich des fünften Vergeltungsangriffs hat sich das OLG nicht vom Vorsatz des Angeklagten Dr. M. zu überzeugen vermocht.

Sachrüge des Dr. M. erfolgreich - Verfahrensrügen erfolglos

Soweit der 3. Strafsenat das Urteil aufgehoben hat, ist die Entscheidung auf die Sachrügen des Angeklagten Dr. M. und des Generalbundesanwalts ergangen. Die von beiden Angeklagten umfänglich erhobenen Verfahrensrügen sind hingegen erfolglos geblieben.

Rechtsfehler zu Gunsten und zu Lasten des Dr. M.

Die Verurteilung des Angeklagten Dr. M. wegen Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen begegne durchgreifenden rechtlichen Bedenken, so der BGH. Zwar sei das OLG rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass FDLR-Milizionäre bei den fünf Vergeltungsangriffen auf kongolesische Siedlungen Kriegsverbrechen gegen Personen sowie gegen Eigentum und sonstige Rechte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Variante 1, 2 VStGB) verübten und der Angeklagte Dr. M. für diese Taten nicht als Täter (insbesondere mit Blick auf die Vorgesetztenverantwortlichkeit nach § 4 VStGB) verantwortlich ist. Soweit das OLG jedoch angenommen habe, der Angeklagte Dr. M. habe die Kriegsverbrechen bei - nur - vier dieser Angriffe vorsätzlich gefördert, wiesen die Urteilsgründe sowohl zu seinen Lasten als auch zu seinen Gunsten Rechtsfehler auf. Es sei nicht dargetan und belegt, dass der Angeklagte Dr. M. die Taten in dem Zeitraum objektiv förderte oder erleichterte, für den das OLG ein vorsätzliches Verhalten als erwiesen erachtet hat. Die Feststellungen zum Gehilfenvorsatz seien für alle fünf Angriffe unklar und nicht frei von Widersprüchen. Die vom OLG vorgenommene Beurteilung, die Milizionäre hätten sich nicht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 VStGB) strafbar gemacht, halte ebenso wenig revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

Urteil in Bezug auf Angeklagten M. rechtskräftig

Der Schuldspruch unterliege damit insgesamt der Aufhebung, obwohl die Verurteilung des Angeklagten Dr. M. wegen in Tateinheit begangener Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 129b Abs. 1 StGB) für sich gesehen rechtsfehlerfrei sei, so der BGH. Demgegenüber weise das Urteil weder den Angeklagten M. begünstigende noch ihn benachteiligende Rechtsfehler auf. Hinsichtlich dieses Angeklagten sei das Urteil somit rechtskräftig.

BGH, Urteil vom 20.12.2018 - 3 StR 236/17

Redaktion beck-aktuell, 20. Dezember 2018.