VG Berlin: Auch in anderem Berliner Bezirk gebauter Ersatzwohnraum kann Zweckentfremdung aushebeln

Das Bezirksamt Berlin-Mitte muss für die zeitweise Vermietung von Wohnraum für Ferienzwecke eine Ausnahmegenehmigung nach dem Berliner Zweckentfremdungsverbot-Gesetz erteilen, wenn Ersatzwohnraum den Verlust von Wohnraum ausgleicht. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nun mit Urteil vom 15.11.2017 entschieden, dass es ausreichend ist, wenn der Ersatzwohnraum in einem anderen Bezirk gebaut wird  (Az.: VG 6 K 594.17, nicht rechtskräftig).

Ersatzwohnraum in anderem Bezirk geschaffen

Der Kläger ist Eigentümer einer 67 Quadratmeter großen Drei-Zimmer-Dachgeschosswohnung im Berliner Bezirk Mitte. Diese Wohnung, in der er zurzeit selbst wohnt, möchte er als Ferienwohnung kurzfristig vermieten. Hierfür begehrt er eine Genehmigung nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz. Er beruft sich darauf, er schaffe Ersatzwohnraum in Gestalt einer im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg durch den Ausbau des Daches errichteten 128 Quadratmeter großen Drei-Zimmer-Wohnung, in die er umziehen werde.

Bezirksamt: Ersatzwohnraum muss in selbem Bezirk liegen

Das Bezirksamt Mitte hatte die Erteilung der Genehmigung mit der Begründung abgelehnt, der Ersatzwohnraum müsse in demselben Bezirk geschaffen werden, in dem der zweckentfremdete Wohnraum liegt. Andernfalls werde in den Außenbezirken günstiger Ersatzwohnraum geschaffen, während die Innenstadtbezirke sich zu "toten" Bezirken mit Gewerbe- und Ferienwohnungen wandelten. Zudem biete der Ersatzwohnraum keinen Ausgleich, weil er zu groß und zu luxuriös sei.

VG bejaht Anspruch auf Genehmigung

Die gegen die Versagung gerichtete Klage hatte vor dem VG Berlin Erfolg. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Genehmigung. Das Zweckentfremdungsverbot diene der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen. Das Verbot sei nicht gerechtfertigt, um bestimmten Wohnraum um seiner selbst willen zu schützen. Einen Anspruch auf eine Genehmigung habe daher, wer für den zweckentfremdeten Wohnraum angemessenen Ersatzwohnraum verlässlich schaffe. Dies sei hier der Fall.

Ersatzwohnraum darf berlinweit angeboten werden

Die Wohnraumversorgung bleibe im Ergebnis unberührt. Der doppelt so große und besser ausgestattete Ersatzwohnraum sei Teil des allgemeinen Wohnungsmarkts, da er nicht im Luxussegment entstehe. Die verlangte Bezirkszugehörigkeit des Ersatzwohnraums ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Zudem habe der Senat von Berlin für das gesamte Stadtgebiet Berlins einen Wohnraummangel festgestellt und das Zweckentfremdungsverbot auf dieses Gebiet erstreckt. Daher könne auch Ersatzwohnraum berlinweit angeboten werden. Im Übrigen dürfe der Beklagte städtebauliche, sozialstaatliche und sonstige Ziele außerhalb des Gesetzeszwecks nicht mit den Mitteln des Zweckentfremdungsrechts verfolgen.

Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

VG Berlin, Urteil vom 15.11.2017 - 6 K 594.17

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2017.