Zwei homosexuelle Frauen begehrten Eheschließung
Anlass des Verfahrens war die Beschwerde von zwei Frauen, die in eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt haben. Dieser Antrag war vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom Verwaltungsgericht Wien abgelehnt worden.
Traditionelles Eheverständnis führte zu gesondertem Institut für homosexuelle Paare
Der VfGH erläutert, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der eingetragenen Partnerschaft im Jahr 2010 das Ziel verfolgt habe, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen, aber vor dem Hintergrund eines "bestimmten traditionellen Verständnisses" der Ehe im Sinne eines auf Elternschaft hin ausgerichteten Bündnisses ein von der Ehe verschiedenes Rechtsinstitut geschaffen habe.
Eingetragene Partnerschaft entspricht inzwischen weitgehend der Ehe
Seither sei die eingetragene Partnerschaft der Ehe immer weiter angenähert worden, so dass die beiden Rechtsinstitute einander heute sowohl von der Ausgestaltung als auch von den Rechtsfolgen her trotz "vereinzelt bestehender Unterschiede" weitgehend entsprächen. Die jüngere Rechtsentwicklung habe insbesondere eine gemeinsame Elternschaft auch gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht. Diese dürften Kinder (gemeinsam) adoptieren und die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung gleichberechtigt nutzen.
VfGH: Unterscheidung nicht mehr haltbar
Nach Auffassung des VfGH lässt sich die Unterscheidung in Ehe und eingetragene Partnerschaft heute aber nicht mehr aufrechterhalten, ohne gleichgeschlechtliche Paare verfassungswidrig aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Denn die Trennung in zwei Rechtsinstitute bringe zum Ausdruck, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung nicht gleich den Personen mit verschiedengeschlechtlicher Orientierung seien.
Bezeichnung des Familienstandes wirkt diskriminierend
Die diskriminierende Wirkung der Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft zeige sich darin, dass verpartnerte Personen aufgrund der unterschiedlichen Bezeichnung des Familienstandes ("verheiratet" versus "in eingetragener Partnerschaft lebend") ihre sexuelle Orientierung Personen auch in Zusammenhängen offen legen müssten, in denen sie keinerlei Rolle spiele und spielen dürfe, und - insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund – Gefahr laufen, diskriminiert zu werden.
Öffnung auch der eingetragenen Partnerschaft
Die Aufhebung umfasst laut VfGH die Wortfolge "verschiedenen Geschlechtes" in den Regelungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zur Ehe sowie jene Bestimmungen im Gesetz über die eingetragene Partnerschaft (EPG), welche die eingetragene Partnerschaft auf gleichgeschlechtliche Paare beschränken. Damit stünden nach der Aufhebung die Ehe und die eingetragene Partnerschaft sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.