Türkisches Gericht lehnt Freilassung Steudtners aus U-Haft ab

Ungeachtet der Proteste der Bundesregierung muss der in der Türkei inhaftierte deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner in Untersuchungshaft bleiben. Das zuständige Elfte Istanbuler Strafgericht lehnte den Einspruch gegen die U-Haft für Steudtner, dessen schwedischen Kollegen Ali Gharavi und sechs türkische Menschenrechtler ab, wie Anwälte der Beschuldigten am 04.08.2017 sagten. Die Rechtsvertreter von Steudtner und Gharavi übten scharfe Kritik an den Haftbedingungen ihrer Mandanten. Seit die beiden Ausländer am 01.08.2017 in das Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul gebracht worden seien, würden sie in Einzelhaft gehalten.

Keine vertraulichen Gespräche mit Anwälten möglich

Weiter hieß es, bei einem Besuch einer Anwältin bei Steudtner im Gefängnis in Siliviri am 03.08.2017 sei das Gespräch von Kameras aufgezeichnet worden. Außerdem sei ein Wärter dabei gewesen. Das verstoße gegen die europäische Menschenrechtskonvention und gegen die türkische Verfassung, die beide die Vertraulichkeit solcher Gespräche garantierten. Steudtner und Gharavi seien zudem englischsprachige Bücher abgenommen worden, die ihnen in dem vorherigen Gefängnis im Istanbuler Stadtteil Maltepe erlaubt worden seien.

Keine Einzelfallprüfung der Einwände

Von Seiten der Anwälte hieß es weiter, das Gericht habe keine Einzelfallbegründung für die Ablehnung der Einsprüche abgegeben, obwohl das rechtlich so vorgesehen sei. Stattdessen habe das Gericht in einem einzigen Absatz für alle acht Betroffenen pauschal erklärt, die vorliegenden Indizien wögen schwer genug, um die Inhaftierung bis zu einem Prozess zu rechtfertigen. Bei den Indizien handele es sich um eine Zeugenaussage, um beschlagnahmte Materialien und um Telekommunikationsdaten. Die Anwälte hätten weiterhin keinen Einblick in die Akten, die das Gericht für geheim erklärt habe.

Festnahme bei einem Seminar in Istanbul

Steudtner, Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 05.07.2017 bei einem Seminar in Istanbul festgenommen worden. Gegen acht der insgesamt zehn Beschuldigten wurde danach Untersuchungshaft verhängt. Darunter ist neben den beiden Ausländern auch die Landesdirektorin von Amnesty International, Idil Eser. Zwei Beschuldigte wurden unter Auflagen bis zu einem Prozess freigelassen.

Vorwurf der Unterstützung einer Terrororganisation wie auch bei Deniz Yücel

Den Menschenrechtlern wird von der Staatsanwaltschaft Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Menschenrechtler außerdem in die Nähe von Putschisten und von deutschen Spionen gerückt. Die Bundesregierung hat die Vorwürfe als abwegig bezeichnet. In Silivri sitzt auch der deutsch-türkische "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel unter Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft. Er ist ebenfalls in Einzelhaft.

Redaktion beck-aktuell, 4. August 2017 (dpa).