Klage verzögert geplante Einführung der Maut nicht
Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung für die für 2019 geplante Einführung der Maut. Dies müsste eigens beantragt und vor Gericht bewilligt werden.
Österreich sieht europäische Grundwerte verletzt
Österreich ist einer der schärfsten Kritiker der deutschen Maut. Aus Sicht der Regierung in Wien spricht nichts grundsätzlich gegen die Einführung eines Maut-Systems – auch Österreich selbst verfahre so. Dass am Ende nur Ausländer zahlten, sei aber nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar, hatte Leichtfried in der Vergangenheit mehrfach betont. "Ich kämpfe auch für eine Europäische Union, die eine Solidargemeinschaft ist", so Leichtfried.
Zunächst Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet
Die Ankündigung der Klage fällt in Österreich in das Wahlkampffinale. Die Alpenrepublik wählt am 15.10.2017 ein neues Parlament. Ende März 2017 hatte der Bundesrat in Berlin trotz erheblicher Kritik den Weg für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen freigemacht und ein dafür vom Bundestag beschlossenes Gesetzespaket passieren lassen. Eigentlich war die Maut schon 2015 beschlossen worden. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze aber bisher nicht umgesetzt.
Maut als Prestigeprojekt der CSU
Die EU ließ ihre Einwände fallen, nachdem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) das Modell an einigen Stellen geändert hatte. So werden mehr Kurzzeit-Tarife für Fahrer aus dem Ausland angeboten. Die Maut gilt als Prestigeprojekt der CSU. Dobrindt, der laut Leichtfried im Vorfeld über die Klage aus Wien informiert wurde, wies Vorwürfe Österreichs mehrfach als "Ösi-Maut-Maulerei" zurück.
Maut als Streitpunkt bei Koalitionsverhandlungen möglich
Das Thema Maut könnte aber auch innerhalb Deutschlands noch zu einem Streitpunkt bei Koalitionsverhandlungen werden. Die Grünen und die FDP sind dagegen, die Linken und die AfD ebenso. Die SPD will die Lkw-Maut nicht auf Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen ausdehnen, da dies vor allem Handwerksbetriebe belasten würde. Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bekennt sich zur Einführung der Maut und sagt, kein deutscher Autofahrer werde mehr belastet.
Tschechien schließt sich Klage nicht an
Das von Österreich angestrebte Verfahren vor dem EuGH dauert im Schnitt rund eineinhalb Jahre. Auch die Niederlande und Tschechien hatten bereits großen Unmut über die Pläne Berlins geäußert. Tschechien hat nun aber entschieden, sich der Klage nicht anzuschließen, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Prag am 12.10.2017 der Deutschen Presse-Agentur sagte. Man werde die Situation beobachten und prüfen, welche weiteren Schritte unternommen werden könnten.
1,8 Millionen österreichische Pendler wären betroffen
Schätzungen zufolge wären in Österreich 1,8 Millionen Pendler von der deutschen Maut betroffen. Viele Österreicher in grenznahen Gebieten nutzen täglich die deutsche Autobahn als schnellste Verbindung zwischen den Großräumen Innsbruck und Salzburg. Eine durchgehende innerösterreichische Autobahnverbindung zwischen Salzburg und Tirol gibt es nicht.
Auch Tschechien erhebt Pkw-Maut
Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka von den Sozialdemokraten (CSSD) hatte die deutsche Mautregelung als "nicht ganz fair" kritisiert. Zugleich warnten Politiker verschiedener Lager vor einer Verschlechterung der Beziehungen zu Deutschland, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner des Industrielandes. In Tschechien gibt es auf Autobahnen eine Pkw-Maut auf Vignettenbasis.