LSG Nordrhein-Westfalen: EU-Ausländer trotz "völlig untergeordneten und unwesentlichen" Minijobs von SGB-II-Leistungen ausgeschlossen

Ein Minijob, der eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" zum Gegenstand hat, begründet keine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Art. 45 AEUV. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit jetzt mitgeteiltem Urteil vom 05.12.2019 entschieden und eine Bulgarin wegen Aufenthalts zum Zweck der Arbeitssuche von SGB-II-Leistungen ausgeschlossen gesehen (Az.: L 19 AS 1608/18). Gegen das Urteil ist beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 14 AS 25/20 R die Revision anhängig.

LSG: Beschäftigung begründete keine Arbeitnehmereigenschaft

Bei den Klägern handelt es sich um eine 2013 eingereiste bulgarische Staatsangehörige und ihre beiden minderjährigen Kinder. Ihren Antrag auf Arbeitslosengeld II ab März 2017 lehnte das beklagte Jobcenter Köln ab. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht blieben ohne Erfolg. Dagegen legten die Kläger Berufung ein, die das LSG nun zurückgewiesen hat. Die Kläger seien nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a) und b) SGB II von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. Sie verfügten über kein Aufenthaltsrecht beziehungsweise ergebe sich ein solches allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Nach der Vernehmung des Arbeitgebers als Zeugen sei festzustellen, dass die Beschäftigung der Klägerin zu 1) als Verkäuferin vom 01.11.2014 bis zum 28.02.2015 keine Arbeitnehmereigenschaft im Sinn des Art. 45 AEUV begründet habe.

Tätigkeit als völlig untergeordnet und unwesentlich einzustufen

Diese Tätigkeit sei als völlig untergeordnet und unwesentlich einzustufen. Zwar lägen eine Anmeldung bei der Minijob-Zentrale und ein schriftlicher Arbeitsvertrag über einen Bruttoarbeitslohn von monatlich 250 Euro vor, wobei schon augenfällig sei, dass die vereinbarte Arbeitszeit von etwa acht Stunden wöchentlich von der Angabe des Zeugen im Termin über eine Arbeitszeit von 15 Stunden monatlich abweiche. Aus der Aussage folge allerdings, dass er die Klägerin zu 1) nur "vergönnungsweise" beschäftigt und es sich damit nicht um eine echte und tatsächliche Tätigkeit gehandelt habe. Denn der Zeuge habe angegeben, die Klägerin sei unzuverlässig gewesen und unregelmäßig zur Arbeit erschienen. Von der nach einem Monat beabsichtigten Kündigung habe er nur auf ihr Bitten um Hilfe aus Mitleid abgesehen.

Kein nachwirkendes Aufenthaltsrecht

Im Übrigen scheide auch ein nachwirkendes Aufenthaltsrecht aus. Die durch eine Erwerbstätigkeit erworbene Arbeitnehmereigenschaft wirke bei unfreiwilliger und durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung nur während der Dauer von sechs Monaten fort und vermittele nur solange – hier höchstens bis zum 28.08.2015 – ein Aufenthaltsrecht (§ 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU).

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.12.2019 - L 19 AS 1608/18

Redaktion beck-aktuell, 6. April 2020.