LG Krefeld: Bewährungsstrafe für Heilpraktiker nach Tod dreier Krebspatienten

In kurzer Folge sterben 2016 drei Patienten eines Heilpraktikers am Niederrhein. Sie waren krebskrank und alle von dem Mann mit einem Zellgift behandelt worden. Nun hat das Krefelder Landgericht den 61-Jährigen am 15.07.2019 der fahrlässigen Tötung in drei Fällen schuldig befunden. Allerdings muss der Angeklagte nicht ins Gefängnis, wie vom Staatsanwalt gefordert. Das Gericht hat die Strafe von zwei Jahren Haft vielmehr zur Bewährung ausgesetzt.

Angeklagter verletzte seine Sorgfaltspflichten mehrfach

Das Gericht hielt dem Angeklagten zugute, dass er nicht vorbestraft war, alles bedauerte und auch bei der Aufklärung mitgewirkt hatte. Allerdings attestierte das Gericht ihm auch "schwere Verletzungen der Sorgfaltspflicht“ in seiner Praxis in Brüggen am Niederrhein. So habe er die Identität der gelieferten Substanzen nicht überprüft, eine ungeeignete Waage verwendet, Infusionsflaschen unzureichend beschriftet und den Einsatz von 3-Bromopyruvat (BP-3) mangelhaft dokumentiert.

Verteidiger bezweifelt Kausalität zwischen Therapie und Toden

Die Verteidigerin hatte einen Freispruch gefordert. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Therapie ihres Mandanten den Tod der Patienten verursacht habe. Diese seien schwer krebskrank gewesen und hätten die klassische Chemotherapie abgelehnt. Sie hätten gewusst, dass sie sich auf eine experimentelle Therapie mit erheblichen Risiken einließen. Doch das Gericht sah das anders: Der Tod der drei Patienten, einer Belgierin, einer Niederländerin und eines Niederländers, stehe deutlich im Zusammenhang zu den verabreichten Infusionen. Alle hätten einen Hirninfarkt erlitten. Es gebe für ihren Tod keine andere Erklärung als das verabreichte hochwirksame Zellgift BP-3.

Auch Staatsanwaltschaft sieht Pflichtverletzung

Der Staatsanwalt hatte kritisiert, dass der Heilpraktiker bei der Behandlung mit dem Zellgift BP-3 "alle Pflichten missachtet" und grob fahrlässig gehandelt habe. Er habe seinen Patienten eine bis zu sechsfach tödliche Überdosis verabreicht. Hingegen hatte der 61-Jährige beteuert, dass er den Stoff bereits monatelang mit gutem Erfolg eingesetzt habe. Er vermutete, dass der Wirkstoff bereits in anderer Qualität oder Zusammensetzung als sonst angeliefert worden sei. Er selbst sei bei der Dosierung immer gleich vorgegangen. Die Flaschen, in denen der Wirkstoff angeliefert worden war, hatte er aber nicht aufbewahrt. "Ich wollte sie nicht weiter für Patienten verwenden, nachdem es diesen drei so schlecht ging", hatte er gesagt.

Weitere Stimmen zum Prozess

Eine Rechtsanwältin, die Hinterbliebene einer 43-jährigen zweifachen Mutter als Nebenkläger vertritt, kritisierte, dass der Heilpraktiker keinen Notarzt alarmiert und die an Brustkrebs erkrankte Frau einfach nach Hause geschickt habe, obwohl es ihr sehr schlecht ging. Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, erklärte nach dem Urteil, Krebstherapien gehörten nicht in die Hände von Heilpraktikern. Der Gesetzgeber sollte dem einen Riegel vorschieben.

Redaktion beck-aktuell, Martin Höke und Frank Christiansen, 16. Juli 2019 (dpa).