"Kannibale von Rotenburg" beantragt vorzeitige Entlassung

Er tötete einen 43-Jährigen und verspeiste später Körperteile seines Opfers. Seit 23 Jahren sitzt der Mann, der als Kannibale von Rothenburg berühmt-berüchtigt wurde, in Haft. Nun hat er erneut eine vorzeitige Entlassung beantragt.

Der "Kannibale von Rotenburg" will früher aus dem Gefängnis. Der in Kassel einsitzende Verurteilte hat erneut einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das LG Kassel bestätigten. Zuvor hatten unter anderem die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) und die Bild-Zeitung berichtet.

Derzeit gebe es ein Prüfungsverfahren der Strafvollstreckungskammer des LG Kassel im Hinblick auf eine bedingte Entlassung, teilte ein Sprecher des Gerichts mit. Nach Einholung eines Prognosegutachtens und Durchführung eines Anhörungstermins am 23. Juli sei das Verfahren auf Betreiben des Verurteilten und seines Verteidigers zunächst bis Jahresende ruhend gestellt worden.

Staatsanwaltschaft lehnt vorzeitige Entlassung ab

Bis dahin soll die weitere Entwicklung vor dem Hintergrund der durch den Sachverständigen getroffenen Behandlungsempfehlungen abgewartet werden, bevor gegebenenfalls eine gerichtliche Entscheidung ergehe. "Entsprechend soll das Verfahren gegen Jahresende (im Dezember) durch die Verteidigung erneut aufgerufen werden und ist vorher keinesfalls mit einer gerichtlichen Entscheidung zu rechnen", erklärte der Sprecher.

Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben beantragt, eine vorzeitige Haftentlassung abzulehnen. Sie beziehe sich dabei auf ein Sachverständigengutachten, das sich gegen eine bedingte Entlassung des Verurteilten zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen habe, sagte ein Sprecher. Eine gerichtliche Entscheidung über diesen Antrag sei noch nicht ergangen.

Lebenslange Haftstrafe wegen Mordes

Der Kannibale wurde im Dezember 2002 festgenommen. Seit 2006 verbüßt er eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Er hatte einen Internet-Bekannten getötet, zerlegt und Teile des Körpers gegessen - der Fall und die anschließenden Verhandlungen hatten deutschlandweit großes Aufsehen erregt.

Die Tat hat schon viele Gerichte beschäftigt: 2004 verurteilte das LG Kassel den Mann zunächst nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags zu acht Jahren Haft. Doch der BGH hob das Urteil auf. 2006 verurteilte ihn dann das LG Frankfurt wegen Mordes und Störung der Totenruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Eine Verfassungsbeschwerde dagegen blieb ohne Erfolg. Umstritten war die Verurteilung nach § 211 StGB, weil der Getötete mit der Tat einverstanden gewesen sein soll.

Anträge auf vorzeitige Entlassung bislang gescheitert

Seine Strafe verbüßt der heute 63-Jährige in Kassel. Sicherungsverwahrung war nicht gegen ihn verhängt worden. Eine Entlassung wäre frühestens im Dezember 2017 möglich gewesen. Einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung, den er im November 2017 gestellt hatte, lehnte das LG Kassel aber ab. Der Mann reichte daraufhin eine Beschwerde beim OLG Frankfurt ein. Das OLG verwarf diese aber 2018, weil das LG zutreffend angenommen habe, "dass dem Verurteilten gegenwärtig keine günstige Prognose gestellt werden könne".

Im August 2020 lehnte die Strafvollstreckungskammer des Kasseler LG eine bedingte Haftentlassung erneut mangels einer günstigen Legal- und Sozialprognose ab. Der für die Frage der vorzeitigen Entlassung maßgebliche Behandlungserfolg sei nicht eingetreten, hieß es damals zur Begründung.

Anwalt: Mandant nicht gefährlich

In einem Interview der HNA (Freitagausgabe) erklärte der neue Anwalt des Verurteilten, er halte seinen Mandanten nicht für gefährlich. "Wenn er mein Nachbar wäre, hätte ich kein Problem damit", sagte der Jurist. Sein Mandant sei ein intelligenter Mensch, der wisse, was in der Welt geschehe. "Er ist höflich und ein äußerst angenehmer Gesprächspartner." Der Anwalt kritisierte, die JVA Kassel habe in den vergangenen Jahren nichts unternommen, um ihn auf die Freiheit vorzubereiten. Dagegen gehe er nun juristisch vor.

Redaktion beck-aktuell, cil, 15. August 2025 (dpa).

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