FG Hamburg: Finanzamt darf Steuerbescheid nicht wegen Fehlern in elektronisch übermittelten Lohnsteuerdaten korrigieren

Sind im Bruttoarbeitslohn enthaltene Versorgungsbezüge in einer Einkommensteuererklärung in Papierform nicht angegeben und trägt das Finanzamt aufgrund eines Abgleichs mit den elektronisch übermittelten Lohnsteuerdaten einen zu niedrigen Betrag ein, obwohl der Steuerklärung eine Lohnsteuerbescheinigung mit dem korrekten Betrag beigefügt war, kann das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid weder nach § 129 AO noch nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern. Dies hat das Finanzgericht Hamburg mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 04.10.2018 entschieden (Az.: 3 K 69/18, BeckRS 2018, 31702).

Elektronisch übermittelte Lohnsteuerdaten wiesen Versorgungsbezüge nicht aus

Der Kläger bezog im Streitjahr Versorgungsbezüge. In den beiden ihm übersandten Lohnsteuerbescheinigungen war ein Bruttoarbeitslohn von 29.221 Euro sowie von 9.740 Euro und hierin enthaltene Versorgungsbezüge in identischer Höhe eingetragen. Bei den vom Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelten Lohnsteuerdaten fehlte die Angabe der Versorgungsbezüge in Höhe von 9.740 Euro (Bruttoarbeitslohn insgesamt: 38.961 Euro, Versorgungsbezüge 29.221 Euro). In der persönlich beim Beklagten abgegebenen Steuererklärung war in Anlage N ein Bruttoarbeitslohn von 38.961 Euro eingetragen. Die Zeile 11 "steuerbegünstigte Versorgungsbezüge, in Zeile 6 enthalten" enthielt versehentlich keine Eintragung.

Finanzamt ergänzte fehlende Versorgungsbezüge in Anlage N unter Abgleich mit elektronisch übermittelten Daten

Die Sachbearbeiterin des Beklagten überprüfte die ihr ausgehändigten Belege, hakte die einzelnen Positionen ab und gab die Belege anschließend zurück. Die ihr vom Kläger vorgelegten Lohnsteuerbescheinigungen überprüfte sie wegen der elektronischen Datenübermittlung vor der Rückgabe nicht mehr. Der in der Eingangsstelle tätige Beamte ergänzte später die fehlende Angabe der Versorgungsbezüge in der Anlage N aufgrund der elektronisch übermittelten Daten um den Betrag 29.221 Euro.

Zu Unrecht gewährter Arbeitnehmerpausch- und Altersentlastungsbetrag nach Datenkorrektur gestrichen

Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte der Beklagte dann einen Bruttoarbeitslohn von 38.961 Euro, einen Freibetrag für Versorgungsbezüge, aber auch den Arbeitnehmerpauschbetrag und den Altersentlastungsbetrag. Nachdem der Arbeitgeber die übermittelten Daten korrigiert und der Kläger den Beklagten entsprechend informiert hatte, änderte dieser den Einkommensteuerbescheid und ließ nun den Arbeitnehmerpauschbetrag und den Altersentlastungsbetrag unberücksichtigt. Dagegen erhob der Kläger beim FG Klage.

FG: Keine Berichtigung offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO

Die Klage hatte Erfolg. Das FG verneinte eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO ebenso wie eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen nachträglichen Bekanntwerdens neuer Tatsachen. Weil das Finanzamt den Fehler aus der Einkommensteuererklärung - keine Versorgungsbezüge - nicht mechanisch übernommen, sondern die fehlende Angabe durch eigene, allerdings unzutreffende, Sachverhaltsermittlung in Form des Abgleichs der Erklärung mit den elektronischen Daten ergänzt habe, fehle es an einer offenbaren Unrichtigkeit. Damit schließe sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BeckRS 2018, 2771) an.

Keine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO - Pflichtverstoß des Finanzamts überwiegt

Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sah das Gericht ebenfalls nicht als erfüllt an. Zwar habe der Kläger versehentlich die Eintragung zu den Versorgungsbezügen in der Anlage N zur Einkommensteuererklärung unterlassen, er habe aber der Erklärung die Lohnsteuerbescheinigung mit dem zutreffenden Betrag beigefügt. Demgegenüber habe der Bearbeiter des Beklagten, der die Einkommensteuererklärung angenommen habe, die Lohnsteuerbescheinigung ungeprüft wieder aushändigt, weil das Finanzamt generell nur die elektronisch übermittelten Daten übernehme. Vor diesem Hintergrund überwiege der Pflichtverstoß des Beklagten und hindere nach Treu und Glauben eine Korrektur des Bescheides. 

FG Hamburg, Entscheidung vom 04.10.2018 - 3 K 69/18

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2018.