Abgeordnete verlangte Auskunft zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung von sexuellen Übergriffen während der Kölner Silvesternacht 2015/2016
Im Rahmen der Aufklärung der Vorfälle in der Silvesternacht 2015/2016 im Bereich des Kölner Doms und des Hauptbahnhofs richtete die Antragstellerin im März 2016 die schriftliche Frage an die Bundesregierung, ob beim Bundesinnenministerium in den ersten Tagen des Jahres 2016 aus Nordrhein-Westfalen eine Meldung über elf auf einem Bahnhofsvorplatz begangene sexuelle Übergriffe zum Nachteil junger Frauen eingegangen sei. Die Bundesregierung verneinte dies, wies in der Antwort allerdings darauf hin, dass die fehlenden Angaben in der Frage zum Zeitpunkt und zum Ereignisort die Recherchen erschwert hätten.
Darstellung des Bundesinnenministers im Untersuchungsausschuss wich von Regierungsantwort ab
Im Oktober 2016 befragte der Untersuchungsausschuss "Silvesternacht 2015" des Landtages Nordrhein-Westfalen den Bundesinnenminister unter anderem zur Rolle der Bundespolizei in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 und zu den Meldungen aus dem Land Nordrhein-Westfalen. Dabei ging der Bundesinnenminister auf die vom Land Nordrhein-Westfalen am 01.01.2016 auch an das Bundesinnenministerium versandten Meldungen über die Ereignisse ein.
Abgeordnete sah ihr Informationsrecht verletzt
Vor diesem Hintergrund vertrat die Antragstellerin die Ansicht, dass ihre schriftliche Frage im März 2016 falsch oder unzureichend beantwortet worden sei. Sie begehrte im Organstreitverfahren die Feststellung, dass die Bundesregierung sie durch die falsche oder unzureichende Antwort in ihren Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt habe.
BVerfG verneint Rechtsschutzbedürfnis: Abgeordnete hatte Konfrontationsobliegenheit
Das BVerfG hat den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen. Im Organstreitverfahren sei das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, wenn zwischen den Beteiligten ein für den Antragsgegner erkennbarer Konflikt bestehe. Bei (vermeintlich oder tatsächlich) falsch beantworteten parlamentarischen Fragen treffe den Antragsteller daher eine Konfrontationsobliegenheit. Er müsse der Bundesregierung durch einen Hinweis auf die (mutmaßliche) Unrichtigkeit der Antwort die Möglichkeit geben, die Sach- und Rechtslage zu prüfen und ihre Antwort gegebenenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen.
Abgeordnete hätte von Regierung Klarstellung verlangen müssen
Laut BVerfG fehlt der Antragstellerin hier das Rechtschutzbedürfnis, weil sie nicht näher darlege, worin sich die Kontroverse um die Richtigkeit der Antwort manifestiere. Sie habe vor Einleitung des Organstreitverfahrens nicht von der naheliegenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Bundesregierung zu einer Klarstellung aufzufordern, ob diese an der Antwort auf ihre schriftliche Frage festhält oder sich die Darstellung des Bundesinnenministers zu eigen macht. Dabei hätte eine Nachfrage dem BVerfG zufolge auch deshalb nahegelegen, weil die Bundesregierung ihre Antwort inhaltlich mit einem Vorbehalt versehen habe. Jedenfalls wäre es der Antragstellerin ohne Weiteres möglich gewesen, das hinter ihrer Frage stehende Informationsinteresse erneut zum Gegenstand einer klarstellenden Nachfrage zu machen und damit zu klären, ob eine Kontroverse zwischen ihr und der Bundesregierung angesichts der späteren Äußerungen des Bundesinnenministers im Untersuchungsausschuss überhaupt bestehe.