Bundesrat beschließt Gesetzentwurf für grundsätzliches Verhüllungsverbot im Gericht

Der Bundesrat fordert ein grundsätzliches Verhüllungsverbot im Gericht und hat dazu am 19.10.2018 einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen (BR-Drs. 408/18 (B)). Die Mimik müsse erkennbar sein, um den Wert von Aussagen beurteilen zu können, so die Länderkammer.

Gesichtsverhüllungen mit Wahrheitsfindung unvereinbar

Gesichtsverhüllungen seien mit der Wahrheitsfindung nicht vereinbar, begründet der Bundesrat seinen Vorschlag. Das Gericht müsse sämtliche Erkenntnismittel einschließlich der Mimik einer Person ausschöpfen können, um den Sachverhalt und den Wert von Aussagen bestmöglich aufzuklären. Das geplante Verhüllungsverbot umfasst auch Masken, Sturmhauben oder Motorradhelme.

Bislang nur richterliche Anordnungen möglich – Handhabung aber uneinheitlich

Bislang gibt es kein grundsätzliches Gesichtsverhüllungsverbot vor Gericht, nur die Möglichkeit einzelner richterlicher Anordnungen. Dass die Handhabung in der Praxis und Rechtsprechung nicht einheitlich und verlässlich ist, bemängelt der Bundesrat. Die vorgeschlagene Ergänzung des § 176 im Gerichtsverfassungsgesetz soll dies nun ändern.

Eingriff in Religionsfreiheit gerechtfertigt

Für Frauen, die aus religiöser Überzeugung ihr Gesicht mit einem Niquab oder einer Burka verhüllen, wäre das Verbot zwar ein Eingriff in die Religionsfreiheit. Aus Sicht des Bundesrates ist dieser aber gerechtfertigt, um die Funktionsfähigkeit der gerichtlichen Verhandlung zu gewährleisten.

Ausnahmen möglich

Das Verhüllungsverbot soll für die Verhandlungsparteien, Zeugen und andere Verfahrensbeteiligte gelten. Ausnahmen sind für besonders gefährdete Prozessbeteiligte oder Opfer von Säure-Attacken sowie für verdeckte Ermittler und für zu Sicherheitszwecken eingesetzte Polizeibeamte vorgesehen. Außerdem soll das Gericht im Einzelfall Ausnahmen gestatten können, wenn der Blick in das unverhüllte Gesicht nicht erforderlich ist. Das Bedecken der Haare und des Halsbereichs stellt nach dem Gesetzentwurf ausdrücklich keine Verhüllung dar.

Erneuter Versuch

Die Initiative setzt einen Beschluss der Justizministerkonferenz vom Juni 2018 um. Bereits vor zwei Jahren hatte der Bundesrat die Bundesregierung in einer Entschließung aufgefordert, eine gesetzliche Regelung zu prüfen. Diese hat sich allerdings bislang noch nicht dazu geäußert.

Verhüllungsverbot in einigen Fachgesetzen bereits vorgesehen

Seit Juni 2017 verbietet ein Bundesgesetz Gesichtsverhüllungen in der Beamtenschaft und beim Militär. Gleiches gilt unter anderem für Personalausweise. Auch Führer eines Kraftfahrzeugs dürfen ihr Gesicht seit Oktober 2017 nicht mehr verhüllen. Darüber hinaus gibt es länderspezifische Regelungen etwa für Schulen und Hochschulen.

Redaktion beck-aktuell, 19. Oktober 2018.