Bund und Länder erzielen Einigung zu Bedingungen des Kohleausstiegs

Der Bund und die Länder haben sich auf ein Verfahren zum Kohleausstieg geeinigt. Wie die Bundesregierung am 16.01.2020 mitteilte, wird sie den Gesetzentwurf zum Ausstieg aus der Kohleverstromung basierend auf dieser Übereinkunft noch im Januar 2020 auf den Weg bringen. Das Gesetzgebungsverfahren solle im ersten Halbjahr 2020 abgeschlossen werden.

Einigung auf Stillegungspfad

Die Bundesregierung hatte den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt einen Stillegungspfad für die Braunkohlekraftwerke in Deutschland vorgestellt. Dieser soll in Verhandlungen mit den Betreibern der Braunkohle-Kraftwerke und -Tagebaue vertraglich festgezurrt werden. Die Ministerpräsidenten stimmten diesem Stillegungspfad zu. In den Jahren 2026 und 2029 soll eine umfassende Überprüfung stattfinden. Teil der Überprüfung soll die Frage sein, ob der Stillegungszeitpunkt für die Kraftwerke nach dem Jahr 2030 jeweils drei Jahre vorgezogen und damit das Abschlussdatum 2035 erreicht werden kann. Die Verpflichtung zur Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung verbleibe bei den Unternehmen.

Kein Tagebau in Gebiet des Hambacher Forstes

Wie die Regierung weiter mitteilt, werde durch den Stilllegungspfad erreicht, dass der Hambacher Forst entgegen der bisherigen Genehmigung nicht für den Tagebau in Anspruch genommen wird. Zum Zweck der Energieversorgungssicherheit wurde aber die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler in den Grenzen der Leitentscheidung aus dem Jahr 2016 inklusive des 3. Umsiedlungsabschnitts im Kohleausstiegsgesetz festgestellt. 

Erneuerbare Energien sollen schneller ausgebaut werden

Um den Ausstieg aus der Kohleverstromung am Strommarkt auszugleichen, solle der Ausbau der erneuerbaren Energien entsprechend des 65%-Ziels bis 2030 im Rahmen einer EEG-Novelle beschleunigt und die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung weiterentwickelt werden. Es sollen zusätzliche zwei Gaskraftwerkskapazitäten den Wegfall großer Mengen regelbarer Energie an bisherigen Kraftwerksstandorten ersetzen, zum Beispiel in Jänschwalde.

Anpassungsgeld für Beschäftigte in Kraftwerken und Tagebauen

Die Bundesregierung will zudem ein Anpassungsgeld (APG) für Beschäftigte in Braunkohle-Kraftwerken und -Tagebauen sowie in Steinkohle-Kraftwerken einführen. Für den Steinkohle-Bergbau existiere bereits ein APG. Das APG werde bis 2043 gezahlt werden. Unternehmen werde die Möglichkeit gegeben, das APG im Sinn einer Stellvertreterregelung auch standortübergreifend einzusetzen. Ein Vermittlungsvorrang werde bei der APG-Zahlung nicht verlangt.

Milliarden-Finanzhilfen für Länder

Mit dem im parlamentarischen Verfahren befindlichen "Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen" will der Bund zudem den Ländern Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt längstens bis 2038 Finanzhilfen in Höhe von bis zu 14 Milliarden Euro gewähren. Diese sollen besonders bedeutsame beziehungsweise gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und ihrer Gemeinden (Gemeindeverbände) ermöglichen. Darüber hinaus verpflichtet sich der Bund, in seiner Zuständigkeit weitere Maßnahmen zugunsten der Braunkohleregionen in einem Umfang von bis zu 26 Milliarden Euro bis spätestens 2038 zu realisieren. Um die Verkehrsinfrastrukturprojekte in den Braunkohlerevieren zügig zu realisieren, würden zusätzliche Planungskapazitäten aufgebaut.

Konkrete Pläne zur Strukturstärkung in Kohleregionen

Die Gesetze sollen zügig in Kraft treten. Bund und Länder träfen bereits jetzt geeignete Vorbereitungen, um die ersten Maßnahmen schnell auf den Weg zu bringen, informiert die Regierung. Sie selbst habe bereits Mittel im Haushalt bereitgestellt. Zudem gebe es bereits zahlreiche konkrete Planungen der Ressorts für Behördenan- und -umsiedlungen in den betroffenen Kohleregionen und für die Stationierung von Bundeswehreinheiten, zum Beispiel in der sächsischen Lausitz. Die Bundesregierung will mit den Ländern bis Mai 2020 eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Durchführung des Strukturstärkungsgesetzes schließen, welche die Umsetzung der Förderung regelt. Im parlamentarischen Verfahren zum "Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen" sollen zudem zahlreiche weitere Maßnahmen zusätzlich (in § 17) aufgenommen werden. 

Hilfe der EU erforderlich

Es bestehe Einigkeit, dass die große Transformationsaufgabe auch der Flankierung durch die EU bedürfe. Neben dem Vorschlag für den "Just Transition Mechanism" werde es auch darauf ankommen, so die Regierung, im Rahmen der Reform des Beihilferechts die notwendigen Voraussetzungen für eine Stärkung der industriellen Basis der besonders betroffenen Regionen zu ermöglichen.

Stromkostenintensive Unternehmen sollen bezuschusst werden

Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 habe die Bundesregierung durch die Senkung der EEG-Umlage – finanziert aus den Einnahmen des Brennstoffzertifikatehandels – bereits eine Senkung der Stromkosten beschlossen. Darüber hinaus werde im Kohleausstieggesetz das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Förderrichtlinie zu erlassen, wodurch stromkostenintensive Unternehmen, die in einer internationalen Wettbewerbssituation stehen, ab dem Jahr 2023 einen jährlichen angemessenen Zuschuss für durch dieses Gesetz verursachte zusätzliche Stromkosten erhalten können, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu schützen.

Ziel der Emissionsminderung wird weiter verfolgt

Abschließend teilte die Regierung mit, sie werde die im Bericht der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" vorgesehene Innovationsstrategie, um 2025 einen substanziellen Zwischenschritt bei der Emissionsminderung zu erreichen, weiter verfolgen.

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2020.