BRAK zur Laienverteidigung: Einschränken oder gleich ganz abschaffen?

Bayern will die Laienverteidigung nach § 138 Abs. 2 StPO einschränken, um Extremisten und Staatsfeinde vom Gerichtssaal fernzuhalten. Doch ist dafür eine Gesetzesänderung überhaupt erforderlich? Die BRAK sieht dies kritisch – und stellt zugleich eine Abschaffung der Laienverteidigung zur Diskussion.

Der Gesetzentwurf vor sieht vor, § 138 Abs. 2 StPO durch eine Neuregelung in Satz 2 dahingehend zu ändern, dass der Beschuldigte neben zugelassenen Rechtsanwälten oder Hochschullehrern mit der Befähigung zum Richteramt (§ 138 Abs. 1 Var. 2 StPO) nur noch Angehörige bestimmter Berufs- und Personengruppen als Laienverteidiger wählen kann. Neben Angehörigen sollen das solche Personen sein, die als Vertreter von Berufsverbänden, Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen oder ähnlichen Zusammenschlüssen tätig sind oder Volljuristen, die nicht als Rechtsanwälte arbeiten und die Verteidigung unentgeltlich übernehmen.

Die Bundesregierung hat bereits zu dem Entwurf Stellung genommen. Sie sieht kein praktisches Bedürfnis für die Neuregelung. Laienverteidigungen kämen in der Praxis kaum vor. Schon jetzt könnten sie nur mit Genehmigung des Gerichts gewählt werden, wenn dieses sie für ausreichend sachkundig und vertrauenswürdig hält und auch sonst keine Bedenken gegen die gewählte Person hat. Dabei sei das Gericht nicht an seine Zulassung gebunden, sondern könne diese auch noch während des Verfahrens zurücknehmen. Zudem bezweifelt die Regierung, ob die vorgeschlagene Regelung ihren Zweck überhaupt erfüllen könne: Denn auch diejenigen Personen, die danach weiterhin als Laienverteidiger zugelassen werden könnten, könnten das Strafverfahren zu verfahrensfremden Zwecken nutzen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) stimmt letzterem Argument in ihrer Stellungnahme zu und ergänzt: Auch vor dem Hintergrund der Begründung des Gesetzentwurfs, politischer Aktivismus sei mit einer ordnungsgemäßen Verteidigung nicht vereinbar, sei es zweifelhaft, ob die weiterhin als Laienverteidiger zulässigen Personen dem in jedem Fall gerecht werden. Insbesondere hinsichtlich der im Entwurf benannten Vertreter von Berufsverbänden, Gewerkschaften oder Vereinigungen von Arbeitgebern drängt sich der BRAK die Frage auf, wie unpolitisch derartige Zusammenschlüsse sind. Insoweit erscheint ihr die Begründung des Entwurfs wenig stringent.

Sofern sich der Gesetzgeber dazu entscheiden sollte, die Möglichkeit der Laienverteidigung beizubehalten, sollte er laut BRAK jedenfalls sicherstellen, dass der gewählte Laienverteidiger über die erforderliche Sachkunde verfügt, um die Rechte des Beschuldigten ausreichend wahren zu können und damit die Qualität der Verteidigung sicherzustellen. Dies sieht die BRAK durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht gewährleistet. Daher solle die Laienverteidigung normativ insbesondere auf solche Personen begrenzt werden, die über entsprechende juristische Qualifikationen oder einschlägige berufliche Erfahrungen verfügen.

BRAK zweifelt an Institut der Laienverteidigung

Die BRAK geht allerdings noch weiter, indem sie das Institut der Laienverteidigung insgesamt in Frage stellt. Die strafprozessualen Regelungen seien komplexer geworden. Daher sei fraglich, ob die Laienverteidigung den Interessen des Beschuldigten an einer angemessenen Verteidigung noch gerecht werden kann.

Das Institut der Laienverteidigung solle es dem Beschuldigten ermöglichen, sich von einer Person seines Vertrauens und auch prinzipiell kostenfrei verteidigen zu lassen. Diesem Anliegen könnte im Interesse sachgerechter Verteidigung aus Sicht der BRAK auch einerseits dadurch Rechnung getragen werden, das man die notwendige Verteidigung ausbaut. Andererseits seien auf Wunsch des Beschuldigten Lebens- oder Ehepartner des Beschuldigten ebenso wie dessen gesetzlicher Vertreter als Vertrauenspersonen als Beistand gemäß § 149 Abs. 1, 2 StPO zum Verfahren zuzulassen, wobei dieser Personenkreis de lege ferenda auf alle Angehörigen i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB ausgeweitet werden könnte.

Redaktion beck-aktuell, bw, 19. August 2024.