Bislang keine Klagewelle durch Corona - BAG-Urteil zu Testpflicht erwartet

Die Corona-Pandemie mit viel Kurzarbeit, Homeoffice sowie Test- und Maskenpflicht hat bisher nicht für eine Flut von Arbeitsgerichtsverfahren gesorgt. "Wir hatten mit mehr Fällen gerechnet", sagte die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, heute. Das könnte sich allerdings ändern. Gallner, die seit Jahresbeginn an der Spitze des Erfurter Gerichts steht, erwartet, dass vermehrt Corona-Fälle in der höchsten Instanz ankommen.

Testpflicht für Arbeitnehmer am Beispiel einer Flötistin

Verhandelt werden solle unter anderem zur Testpflicht für Arbeitnehmer am Beispiel einer Flötistin. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter beschäftigen sich den Angaben nach auch mit der Frage, ob Reinigungskräften wegen der Pflicht zum Tragen einer Maske ein Erschwerniszuschlag zusteht. Urlaubsansprüche bei Kurzarbeit Null könnten erneut das Bundesarbeitsgericht erreichen – einige hundert Verfahren lägen dazu bundesweit in den ersten beiden Arbeitsgerichtsinstanzen.

Streit um Nachtarbeitszuschläge

Möglicherweise gebe es auch Entscheidungen im Streit um Nachtarbeitszuschläge in der deutschen Lebensmittelindustrie, so Gallner. Zur Frage, ob unterschiedlich hohe Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, hatte das BAG Ende 2020 den Europäischen Gerichtshof angerufen. Allein beim BAG lägen dazu etwa 400 Revisionen, Tausende Fälle seien es in den Vorinstanzen.

2021 ein Viertel weniger Klagen als 2020

Insgesamt waren beim BAG im vergangenen Jahr 1.521 Fälle eingegangen – etwa ein Viertel weniger als im Jahr zuvor. "Wir haben aber eine zunehmende Komplexität der Fälle." Den seit einigen Jahren anhaltenden Rückgang begründete Gallner vor allem mit weniger Kündigungsschutzklagen dank eines stabilen Arbeitsmarkts und des hohen Fachkräftebedarfs. Das habe sich in der Corona-Pandemie auch dank der besonderen Kurzarbeitsregelungen fortgesetzt. In vielen Fällen, beispielsweise bei Homeoffice-Regelungen, hätten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer offenbar auch pragmatisch verständigt und auf einen Rechtsstreit durch die Instanzen verzichtet.

Redaktion beck-aktuell, 2. März 2022 (dpa).