BGH: Museen dürfen Fotografieren verbieten - Fotos dürfen nicht im Internet verbreitet werden

Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken genießen regelmäßig Lichtbildschutz nach § 72 UrhG. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.12.2018 entschieden. Zudem hat er entschieden, dass Museumsbesucher, die unter Verstoß gegen ein mittels AGB vereinbartes Fotografierverbot ausgestellte (gemeinfreie) Kunstwerke ablichten und die Fotos im Internet veröffentlichen, von dem Museum auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung in Anspruch genommen werden können (Az.: I ZR 104/17). 

Museum publizierte Ausstellungskatalog

Die Klägerin betreibt das Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Sie ließ im Jahr 1992 durch einen Mitarbeiter dort ausgestellte Kunstwerke fotografieren und veröffentlichte diese Fotografien in einer Publikation.

Beklagter veröffentlichte Fotos von gemeinfreien Werken der Sammlung bei Wikimedia Commons

Der Beklagte ist ehrenamtlich für die deutschsprachige Ausgabe des Internet Lexikons Wikipedia mit dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons tätig. Er lud Fotografien in die Mediendatenbank Wikimedia Commons hoch und stellte sie zum öffentlichen Abruf bereit. Auf den Fotografien sind Werke - Gemälde und andere Objekte - aus der im Eigentum der Klägerin stehenden Sammlung zu sehen. Diese Werke sind sämtlich gemeinfrei, also wegen Ablaufs der Schutzfrist (§ 64 UrhG) urheberrechtlich nicht mehr geschützt.

Fotos teils selbst aufgenommen, teils Ausstellungskatalog entnommen

Bei den Fotografien handelte es sich teilweise um Aufnahmen aus der Publikation der Klägerin, die der Beklagte zuvor eingescannt hatte. Die übrigen Fotos hatte der Beklagte bei einem Museumsbesuch im Jahr 2007 selbst angefertigt und Wikimedia Commons unter Verzicht auf sein Urheberrecht zur Verfügung gestellt.

Museum verlangte Unterlassung und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten

Die Klägerin nahm den Beklagten auf Unterlassung und Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Sie stützte ihren Unterlassungsanspruch hinsichtlich der vom Beklagten eingescannten Fotografien auf Urheber- und Leistungsschutzrechte. Hinsichtlich der vom Beklagten selbst erstellten Fotografien berief sie sich auf eine Verletzung des mit dem Beklagten geschlossenen Besichtigungsvertrags, der ein Fotografierverbot enthalte, sowie auf eine Verletzung ihres Eigentums an den ausgestellten Objekten. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten blieb - soweit für die Revision von Bedeutung - ohne Erfolg. Der Beklagte ging schließlich in Revision.

BGH: Fotografien von Gemälden genießen Lichtbildschutz

Der BGH hat die Revision zurückgewiesen. Das Hochladen der eingescannten Bilder aus der Publikation der Klägerin verletze das der Klägerin vom Fotografen übertragene Recht, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG, § 72 Abs. 1 UrhG, § 19a UrhG). Die Fotografie eines Gemäldes genieße Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG. Bei ihrer Anfertigung habe der Fotograf Entscheidungen über eine Reihe von gestalterischen Umständen zu treffen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählten. Deshalb erreichten solche Fotografien regelmäßig - so auch im Streitfall - das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung.

Anfertigung eigener Fotos verstößt gegen Fotografierverbotsklausel

Mit der Anfertigung eigener Fotografien anlässlich eines Museumsbesuchs hat der Beklagte laut BGH gegen das vertraglich vereinbarte Fotografierverbot verstoßen. Die entsprechende Vorschrift in der Benutzungsordnung und aushängende Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die wirksam in den privatrechtlichen Besichtigungsvertrag einbezogen worden seien und der Inhaltskontrolle standhielten. Die Klägerin könne als Schadensersatz wegen der Vertragsverletzung des Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB verlangen, dass der Beklagte es unterlässt, die Bildaufnahmen durch Hochladen im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Dieses Verhalten stelle ein äquivalent und adäquat kausales Schadensgeschehen dar, das einen hinreichenden inneren Zusammenhang mit der Vertragsverletzung aufweise. 

BGH, Urteil vom 20.12.2018 - I ZR 104/17

Redaktion beck-aktuell, 20. Dezember 2018.