Kräftemessen bei Autorennen
Die damals 21 und 22 Jahre alten Angeklagten waren am 14.04.2015 gegen 18.45 Uhr mit zwei leistungsstarken Fahrzeugen (Motorleistungen 171 und 233 PS) auf dem Weg zu den Rheinterrassen in Köln-Deutz. Etwa 1.200 bis 1.500 Meter vor Erreichen ihres Ziels entschlossen sich die nicht alkoholisierten Angeklagten spontan zu einem Kräftemessen, bei dem sie sich gegenseitig ihre überlegene Fahrkunst und die Leistungen ihrer Fahrzeuge demonstrieren wollten.
19-jährige Radfahrerin stirbt
Sie fuhren eng hintereinander mit stark überhöhter Geschwindigkeit jeweils mit der Absicht, die Rheinterrassen vor dem anderen zu erreichen. Beim Durchfahren einer langgezogenen Linkskurve mit 95 km/h anstelle der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h verlor der vorausfahrende Angeklagte, der vom Mitangeklagten bedrängt wurde, die Kontrolle über sein Fahrzeug. Sein Wagen kam von der Fahrbahn ab und erfasste eine auf dem angrenzenden Radweg fahrende 19-jährige Studentin, die wenig später ihren durch die Kollision erlittenen schweren Verletzungen erlag.
Strafe wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährung ausgesetzt
Das LG hatte die beiden Angeklagten jeweils wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hatte es für die Neuerteilung der den Angeklagten entzogenen Fahrerlaubnisse Sperrfristen von drei Jahren und sechs Monaten angeordnet. Die Staatsanwaltschaft beanstandete mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Rechtsmitteln nur die aus ihrer Sicht zu niedrigen Freiheitsstrafen und die vom LG zugebilligte Aussetzung der Strafen zur Bewährung. Vom Rechtsmittelangriff nicht erfasst und vom BGH deshalb nicht zu überprüfen waren der Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung und die angeordneten Führerscheinmaßnahmen.
BGH moniert Aussetzung der Strafen zur Bewährung
Die Bemessung der Freiheitsstrafen, die sich an dem für die fahrlässige Tötung vorgesehenen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu höchstens fünf Jahren Freiheitsstrafe zu orientieren hatte, ist nach der Entscheidung des BGH aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hingegen könne die Aussetzung der Freiheitsstrafen zur Bewährung keinen Bestand haben.
Bewusstes Herbeiführen der Gefahrenlage zu Unrecht außer Acht gelassen
Das LG habe beiden Angeklagten zwar rechtsfehlerfrei eine günstige Legalprognose bescheinigt (§ 56 Abs. 1 StGB). Es habe aber bei der Prüfung, ob darüber hinaus auch besondere Umstände im Sinn des § 56 Abs. 2 StGB die Aussetzung der ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafen rechtfertigen, unberücksichtigt gelassen, dass die Angeklagten zwar den Tod ihres Opfers fahrlässig herbeiführten, bei dem mit tödlichem Ausgang endenden Rennen aber gleich mehrere erhebliche Verkehrsordnungswidrigkeiten – unter anderem den Verstoß gegen das bislang in der Straßenverkehrsordnung geregelte Rennverbot – vorsätzlich begingen und die Gefahrenlage durch ihre aggressive Fahrweise bewusst herbeiführten. Dieser Umstand habe die Tat geprägt und bei der Bewährungsentscheidung nicht außer Acht bleiben dürfen, hebt der BGH hervor.
Wirkung der Strafaussetzung auf allgemeines Rechtsempfinden nicht ausreichend berücksichtigt
Angesichts der vom LG festgestellten Häufung von Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang aufgrund überhöhter Geschwindigkeit in Köln und an anderen Orten habe es bei der Bewährungsentscheidung zudem an einer ausreichenden Erörterung der Frage gefehlt, wie sich unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) eine Strafaussetzung zur Bewährung auf das allgemeine Rechtsempfinden und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts auswirken würde.