BFH begrenzt Bemessungsgrundlage beim Abzugsverbot für Schuldzinsen auf Entnahmeüberschuss

Beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen ist die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Entnahmeüberschuss zu begrenzen. Damit werde sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könne, so der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14.03.2018 (Az.: X R 17/16, BeckRS 2018, 15286).

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht abziehbar, sondern dem Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit Überentnahmen vorliegen. Der Betriebsinhaber soll nach dem Willen des Gesetzgebers dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen dürfen als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.

Autohändler wurde Betriebsausgabenabzug für Schuldzinsen versagt

Im Streitfall führte der Kläger einen Kraftfahrzeughandel. Er erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Das Finanzamt und mit ihm das Finanzgericht versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG vorgelegen hätten. Die Berechnung des Finanzamtes entsprach den Vorgaben eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BeckVerw 067958). Daher kam es zu einer Verrechnung mit in den Vorjahren unberücksichtigt gebliebenen Verlusten im Wege einer formlosen Verlustfortschreibung.

BFH: Bemessungsgrundlage auf periodenübergreifenden Entnahmeüberschuss zu begrenzen

Der BFH hat der Klage teilweise stattgegeben. Dabei hat er im Wege der teleologischen Reduktion die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr erzielten Entnahmeüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen begrenzt. So werde sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könne.

Entscheidung für Einzelunternehmer und Mittelstand von Bedeutung

Zudem werde der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies könne für den Steuerpflichtigen in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus des Finanzministeriums. Die Entscheidung sei insbesondere für Einzelunternehmer und Personengesellschaften im Bereich des Mittelstands von großer Bedeutung, so der BFH. Da es gleichgültig sei, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden, sei der Steuerpflichtige zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen auch in Gewinnjahren veranlasst, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.

Verluste des Klägers führten nicht zu Überentnahmen

Im Streitfall hätten zwar kumulierte Überentnahmen im Zeitraum zwischen 1999 und dem Streitjahr 2007 in Höhe von 696.931 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008 in Höhe von 630.908 Euro) vorgelegen. Der Kläger hätte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008: 419.913 Euro) mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmeüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreite, sei er als Bemessungsgrundlage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen heranzuziehen. Die beim Steuerpflichtigen entstandenen Verluste führten somit nicht zu Überentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG.

BFH, Urteil vom 14.03.2018 - X R 17/16

Redaktion beck-aktuell, 18. Juli 2018.