Headset-Pflicht für Primark-Angestellte: Nicht ohne Mitbestimmung

Der Bekleidungseinzelhändler Primark wollte für die Kommunikation der Beschäftigten untereinander eine Headset-Pflicht einführen. Das ist laut BAG mitbestimmungspflichtig, wenn Vorgesetzte die Gespräche mithören können, weil es sich um eine technische Überwachungseinrichtung handelt.

Primark schloss mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung, um in seinen Filialen Headsets für die filialinterne Kommunikation einzuführen. Das Headset-System wird über ein Internetportal von der zentralen IT-Abteilung des Konzerns in Dublin betreut. Es übermittelt verschiedene Daten, zeichnet aber weder Gespräche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, noch hält es fest, wer wann welches Headset nutzt. In dem von Primark verwendeten Standardmodus bilden alle Beschäftigten einer Filiale eine "Conference", Gespräche werden über eine Basisstation an die übrigen Headset-Nutzer übertragen.

Der Betriebsrat einer Filiale mit über 200 Beschäftigten hielt die Einführung des Headset-Systems nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG für mitbestimmungspflichtig. Nach dieser Regelung hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei "technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen". Der Betriebsrat der Filiale sah auch sich und nicht den Gesamtbetriebsrat zuständig, weil die Kommunikation nicht in andere Betriebe übertragen wird.

Die Unterlassungsanträge des Betriebsrats scheiterten wie schon in den Vorinstanzen auch beim BAG (Beschluss vom 16.07.2024 - 1 ABR 16/23). Allerdings gab das BAG dem Betriebsrat Recht, dass die Einführung des Headset-Systems als technische Überwachungseinrichtung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig sei. Das hatte auch das ArbG Dresden so gesehen, das LAG Sachsen aber mangels Eignung des Systems zur Überwachung verneint, da die Geräte keinem bestimmten Beschäftigten zugeordnet seien.

Überwachungsdruck: Beschäftigte über Stimmen identifizierbar

Laut BAG handelt es sich um eine Überwachungseinrichtung, weil die Vorgesetzten in der Filiale die Gespräche jederzeit mithören können. Die Vorgesetzten könnten damit stets das Verhalten sämtlicher Beschäftigten in einer Schicht kontrollieren. Das setze diese aber einem ständigen Überwachungsdruck aus. Dass die Geräte keiner bestimmten Person zugeordnet seien, ändere daran nichts. Denn der Vorgesetzte werde oft die Stimmen der Sprechenden erkennen.

Es spiele auch keine Rolle, dass die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden. Denn es genüge, wenn wie hier nur ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Dass die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats dennoch scheiterte, lag darin begründet, dass laut BAG nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrats zuständig ist.

BAG, Beschluss vom 16.07.2024 - 1 ABR 16/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 18. November 2024.