Wegen Friedenspflicht: Kein Kita-Streik in Berlin

In den Kitas der Kita-Eigenbetriebe des Landes Berlin darf nicht gestreikt werden. Die Gewerkschaft ver.di muss ihren Aufruf zu dem Streik, der am 30. September beginnen sollte, öffentlich widerrufen, entschied das ArbG Berlin in einem Eilverfahren.

Seit April hatten ver.di und das Land Berlin erfolglos verhandelt. Am 26.09.2024 rief ver.di ihre Mitglieder zu einem unbefristeten Streik ab dem 30.09.2024 auf. Zuvor hatten 91,7% der Mitglieder in einer Urabstimmung für den Streik gestimmt, mit dem Tarifverhandlungen über eine Mindestpersonalausstattung, zum Belastungsausgleich und für eine Verbesserung der Ausbildungsbedingungen erzwungen werden sollen.

Das Land Berlin sah sich rechtlich als Arbeitgeber nicht zu Tarifverhandlungen mit ver.di in der Lage, weil es als Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) nach deren Satzung keine von den Regelungen des Tarifvertrags der Länder (TV-L) abweichenden Tarifverträge schließen dürfe. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Berliner Eigenbetriebs-Kitas richten sich nach dem TV-L. Nachdem das Land Berlin 2020 mit der Zusage der Hauptstadtzulage von den tariflichen Bedingungen des TV-L abgewichen war, hatte die TdL für den Fall eines weiteren Verstoßes des Landes Berlin gegen die Satzung seinen Ausschluss aus der TdL beschlossen. Das Land Berlin ist außerdem davon ausgegangen, dass ver.di mit den Streikforderungen zu den Entlastungsmaßnahmen und für ein Mehr an Zeit für Auszubildende gegen die Friedenspflicht während laufender Tarifverträge verstößt, weil bereits entsprechende tarifliche Regelungen existierten.

Berlin muss Ausschluss aus Tarifgemeinschaft der Länder nicht riskieren

Das ArbG gab dem Land recht. Es hält den Streik für nicht rechtmäßig (Urteil vom 27.09.2024 – 56 Ga 11777/24, nicht rechtskräftig). Die Gewerkschaft ver.di verstoße mit dem Streik gegen die Friedenspflicht – wegen der bestehenden tariflichen Regelungen zur Zulage für Beschäftigte in Eigenbetriebs-Kitas des Landes Berlin im TV-L und wegen der bestehenden Entlastungsregelungen für Auszubildende im maßgeblichen Ausbildungstarifvertrag.

Daneben seien auch verbandspolitische Erwägungen des Landes Berlin von der Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 GG geschützt, so das ArbG weiter. Das Land sei als Arbeitgeber berechtigt, sich in der Tarifgemeinschaft der Länder zu organisieren. Das Risiko eines Ausschlusses aus der TdL bei einem eigenständigen Tarifabschluss müsse das Land Berlin nicht eingehen. Das grundgesetzlich garantierte Streikrecht der Gewerkschaft aus Art. 9 Abs. 3 GG überwiege insoweit nicht.

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts kann Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

ArbG Berlin, Urteil vom 27.09.2024 - 56 Ga 11777/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 30. September 2024.