Massenentlassung wegen Ruhestands: Konsultationspflicht bleibt

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber über eine Massenentlassung unterrichten – so verlangt es die Richtlinie 98/59/EG. Der EuGH hat am Donnerstag entschieden, dass die Konsultationspflicht auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber in den Ruhestand geht.

Der EuGH wies darauf hin, dass man den Fall des Eintritts in den Ruhestand nicht mit dem Fall des Todes des Arbeitgebers gleichsetzen könne. Für letzteren hatte der EuGH früher entschieden, dass die Richtlinie keine Anwendung findet. Ein Arbeitgeber, der in den Ruhestand tritt, sei - anders als ein verstorbener Arbeitgeber – sehr wohl in der Lage, Konsultationen durchzuführen, um unter anderem die Beendigungen zu vermeiden, ihre Zahl zu verringern oder jedenfalls ihre Folgen abzumildern, stellte der EuGH klar (Urteil vom 11.07.2024 - C-196/23).

Im konkreten Fall hatte ein spanisches Gericht um Auslegung eines Gesetzes mit Blick auf die Richtlinie gebeten, nachdem ein Arbeitgeber sich ohne Nachfolge in den Ruhestand verabschiedet hatte, wodurch 54 Arbeitsverträge in seinen 8 Unternehmen enden sollten. Das spanische Gesetz sieht zwar für den Fall einer Massenentlassung ein Verfahren zur Konsultation der Arbeitnehmervertreter vor. Dieses Verfahren findet allerdings keine Anwendung, wenn die Beendigungen dadurch verursacht wurden, dass der Arbeitgeber, eine natürliche Person, in den Ruhestand tritt.

Spanisches Gesetz mit EU-Richtlinie unvereinbar

Acht Arbeitnehmer fochten die Entlassung an, weil sie diese für rechtswidrig hielten. Ihre Klage wurde in erster Instanz abgewiesen. Nun hat der EuGH entschieden, dass das Gesetz nicht mit der EU-Richtlinie über Massenentlassungen vereinbar ist. Denn das Hauptziel der Richtlinie bestehe darin, dass vor Massenentlassungen Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern stattfänden und die zuständige Behörde entsprechend unterrichtet werde. Dabei liege eine Massenentlassung im Sinne der Richtlinie vor, wenn Beendigungen von Arbeitsverträgen ohne Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer erfolgen.

Ausgehend davon kamen die Luxemburger Richter und Richterinnen zu dem Schluss, dass die Richtlinie auch im Fall des Eintritts des Arbeitgebers in den Ruhestand Anwendung findet, sofern die vorgesehenen Schwellenwerte für Entlassungen erreicht sind.

EuGH, Urteil vom 11.07.2024 - C-196/23

Redaktion beck-aktuell, gk, 11. Juli 2024.