Kritik an geplanten Anti-SLAPP-Regeln: Systemfremd und problematisch

Unbegründete Klagen, die allein bezwecken, Kritiker einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, sollen erschwert werden. Das sieht die Anti-SLAPP-Richtlinie der EU vor. Die BRAK hält die Vorgaben aus deutscher Sicht für systemfremd und kritisiert, dass Deutschland sie auch auf innerstaatliche Verfahren anwenden will.

Die Vorgaben aus Brüssel seien in der Rechtsanwendung problematisch, so die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die vor diesem Hintergrund nicht versteht, warum der Referentenentwurf die Erfassung auch rein nationaler Sachverhalte vorsieht. Denn das sei keinesfalls zwingend. Ungeklärt sei, ob es in Deutschland überhaupt eine "signifikante Relevanz der mit der Rechtsänderung zu lösenden Missstände" gibt.

Auch sei nicht absehbar, wie sich die geplanten Regelungen auf die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche einerseits und den Schutz demokratischer Teilhabe am öffentlichen Meinungsprozess andererseits auswirken werden. Zwar befürwortet die Anwaltskammer in ihrer Stellungnahme das Ziel der Richtlinie, eine missbräuchliche Inanspruchnahme gerichtlicher Mittel zu unterbinden. Jedoch dürfe ihre Umsetzung nicht dazu führen, "dass eine Durchsetzung legitimer rechtlicher Interessen erschwert wird".

Die BRAK fordert Anpassungen des Referentenentwurfs. Insbesondere die Definition des Missbrauchstatbestandes solle konkretisiert werden. Der mit dem Rechtsstreit verfolgte Hauptzweck und dessen subjektive Bestandteile sollten stärker betont und dem Zweck der berechtigten Wahrnehmung eigener Rechte deutlicher gegenübergestellt werden. Darüber hinaus sollten Änderungen erwogen werden, die eine Einpassung in das deutsche Rechtssystem erleichtern. Von bestehenden zivilprozessualen Maximen sollte nicht ohne Not abgewichen und die Missbräuchlichkeit daher nur auf einen entsprechenden Einwand hin geprüft werden.

Gegen Besonderes Verfahren für SLAPP-Klagen

Systematisch hält die BRAK es für "unglücklich", ein weiteres Besonderes Verfahren für SLAPP-Klagen einzuführen. Ein solches führe weder konsequent zu den angestrebten schnelleren Ergebnissen noch zu einem maßgeblich erhöhten Rechtsschutz. Die Voraussetzungen sind aus Sicht der Anwaltskammer in der Praxis kaum rechtssicher zu handhaben.

Eine prozessuale Vorschrift, die den Anwendungsbereich eines SLAPP-Verfahrens bedingt, knüpfe an die materiell-rechtliche Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung an. So müsste bereits für die verfahrensrechtliche Schwelle eine materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen werden. Das hält die BRAK in dem frühen Stadium nach Eingang einer Klage für kaum möglich. Eventuell werde bereits hier eine Beweisaufnahme erforderlich, was das Verfahren noch weiter verzögere. Die Missbräuchlichkeit einer Rechtsverfolgung sei einer – ex post als solche befundenen – SLAPP-Klage nicht auf "die Stirn geschrieben". Sie werde frühestens durch eine Erwiderung des Beklagten erkennbar, und selbst dann dürften die Tatsachen im Regelfall streitig sein.

Redaktion beck-aktuell, bw, 31. Juli 2025.

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