Eine Frau machte sich einen Jux daraus, von ihrem Festnetzanschluss bei dem örtlichen Polizeirevier anzurufen und zu behaupten, ein stark alkoholisierter Mann habe vor, mit seinen zwei Kindern vom Vereinsheim mit dem Auto heimzufahren. Unter ihrem früheren Namen gab sie der Polizei noch das Autokennzeichen des Mannes durch. Wie sich herausstellte, war der Mann weder alkoholisiert noch wollte er mit seinem Wagen fahren.
Die Staatsanwaltschaft nahm der Frau den Streich übel und erließ gegen sie einen Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung. Nach dem Einspruch wurde die Frau vom AG Calw (Urteil vom 05.11.2024 – 8 Cs 32 Js 18114/24) aber freigesprochen.
Falsche Verdächtigung nur bereits begangener Straftaten
Ein bloß bevorstehendes Delikt kann nach Ansicht des AG nicht Gegenstand einer falschen Verdächtigung sein. Zum einen spreche der Wortlaut dafür, denn eine "Tat" als etwas "Getanes", ein fassbares Geschehen, sie liege eher in der Vergangenheit als in der Zukunft. Auch §§ 154e und 160 Abs. 1 StPO, § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB rekurrierten jeweils auf eine bereits begangene Straftat.
Der Strafrichter zog ergänzend § 145d StGB heran: Hier unterscheide der Gesetzgeber in Abs. 1 Nr. 1 und 2 eindeutig zwischen einer bereits begangenen Tat und einer bevorstehenden Tat, wobei er hier ausdrücklich nur die Vortäuschung einer Störung des öffentlichen Friedens nach § 126 StGB durch die Androhung einer Katalogtat unter Strafe stellt.
Historisch gesehen habe schon das Preußische StGB von 1851 die wissentlich falsche Beschuldigung der "Verübung" einer Straftat unter Strafe gestellt und selbst die Nationalsozialisten ließen nur die Falschbeschuldigung der "Begehung einer strafbaren Handlung" bestrafen. Das AG Calw ging für seine Interpretation sogar bis ins 9. Jahrhundert zurück und griff auch auf das römische Recht zurück.
Sinn und Zweck des § 164 StGB sei zum einen der Schutz des Einzelnen gegen konkrete Strafverfolgungsmaßnahmen, die auf dem hervorgerufenen Irrtum beruhen. Zusätzlich solle aber auch die Strafrechtspflege geschützt werden. Eine solche doppelte Gefährdung sah das AG hier aber nicht, denn die Anruferin habe nur von einer bevorstehenden Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB gesprochen, deren Start nicht mit dem Trinken, sondern erst mit der Fahrt beginne.
Das Gericht verneinte auch das Vorliegen eines Missbrauchs von Notrufen nach § 145 StGB, weil die Anruferin nicht die "110", sondern die Festnetznummer des örtlichen Reviers gewählt hatte. Nur Notrufverbindungen nach § 2 Nr. 3 NotrufV – Verbindungen, die ausschließlich für die Entgegennahme von Notrufen bereitgehalten werden – sollten mit § 145 StGB geschützt werden.