OLG Saarbrücken: Zurückverweisung bei schwerwiegendem Begründungsmangel eines Kostenfestsetzungsbeschlusses

GG Art. 103 1; ZPO § 104

1. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten mit keinem Wort eingegangen wird, leidet an einem schwerwiegenden Begründungsmangel.

2. Dieser Verfahrensfehler rechtfertigt regelmäßig die Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht. (Leitsätze des Gerichts)

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.01.2019 - 9 W 33/18, BeckRS 2019, 2013

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 06/2019 vom 13.03.2019

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Sachverhalt

Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Kläger die Festsetzung einer 0,3 Verfahrensgebühr gem. VV 3309 RVG iHv 603,90 EUR, berechnet aus einem Wert von 186.548 EUR, der Pauschale gem. VV 7002 RVG sowie Gerichtskosten iHv 10 EUR gem. der Kostenrechnung der Gerichtskasse vom 10.10.2016. Zur Begründung des Antrags hieß es, der Kläger habe mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.10.2016 den Beklagten aufgefordert, zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG vom 19.8.2016 Sicherheit zu leisten, darüber hinaus zur Vorbereitung einer Sicherungsvollstreckung gem. § 720 a ZPO eine Grundbuchauskunft eingeholt. Der Beklagte wandte gegenüber dem Kostenfestsetzungsantrag ein, dass der Urteilsbetrag innerhalb der mit Schreiben vom 11.10.2016 gesetzten Frist bezahlt worden sei und die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der „Zwangsvollstreckungsgebühr“ im Übrigen auch nicht vorliegen würden, wobei er seine Rechtsausführung im Schriftsatz vom 24.3.2017 unter Zitierung von Rspr. und Kommentarliteratur ausführlich begründet hatte. Dem trat der Kläger wiederum entgegen, wobei noch mehrere Schriftsätze gewechselt wurden, in denen die Parteien den jeweiligen Standpunkt bekräftigt hatten. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.9.2018 entsprach das LG dem Kostenfestsetzungsantrag des Klägers, seine Begründung erschöpfte sich in dem Satz „die Streitwertangabe ist nicht zu beanstanden“. Die sofortige Beschwerde des Beklagten hatte vorläufigen Erfolg.

Entscheidung: Schwerwiegender Begründungsmangel; Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht

Der Beschluss gem. § 104 ZPO, durch den das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, müsse aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen. Unbeschadet des auch für die Begründung von Beschlüssen geltenden Gebots der „bündigen Kürze“ müssten die Beschlussgründe zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den an dem Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich sei. Eine Begründung sei jedenfalls insoweit erforderlich, als das Gericht beantragte Kosten ablehne oder festsetze, deren Erstattungsfähigkeit zweifelhaft oder zwischen den Parteien umstritten sei. Zudem verpflichte Art. 103 I GG das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Verfahrensgrundrecht sei verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergebe, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen sei. Art. 103 I GG gelte auch im Kostenfestsetzungsverfahren. Diesen Anforderungen werde der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss, durch den das LG dem Kostenfestsetzungsantrag des Klägers vom 20.12.2016 entsprochen habe, nicht gerecht. Der Satz „Die Streitwertangabe ist nicht zu beanstanden“ stelle keine ausreichende Begründung dar.

Auf die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten iSv § 91 ZPO sei das LG in dem Kostenfestsetzungsbeschluss mit keinem Wort eingegangen, obwohl sie den Kern der Auseinandersetzung der Parteien im Kostenfestsetzungsverfahren darstellte. Sofern das LG davon ausgegangen sein sollte, der Beklagte habe die Erstattungsfähigkeit im Laufe des Verfahrens eingeräumt, trifft dies nach dem OLG Saarbrücken nicht zu. Eine entsprechende Erklärung habe der Beklagte nicht abgegeben. Er habe vielmehr auf die Verfügung des Landgerichts vom 14.6.2018, wonach davon ausgegangen werde, dass jetzt Einverständnis mit dem Kostenfestsetzungsantrag „in jeglicher Hinsicht“ bestehe, sofern „kein entsprechend qualifizierter Vortrag“ erfolge, mit Schriftsatz vom 2. Juli 2018 mitgeteilt, dass kein Einverständnis bestehe. Diese Erklärung habe er sodann mit Schriftsatz vom 16.7.2018 wiederholt, nachdem das LG mit Verfügung vom 9.7.2018 darauf hingewiesen hatte, dass das Einverständnis fingiert werde, sofern der „qualifizierte Vortrag“ nicht binnen einer Woche erfolge. Das erbetene Einverständnis sei somit ausdrücklich verweigert und angesichts der ausführlichen Begründung seiner gegen den Kostenfestsetzungsantrag gerichteten – und im weiteren Verfahrensverlauf nicht erkennbar fallen gelassenen – Einwände durch den Beklagten habe im Übrigen für einen weiteren Vortrag auch kein Anlass bestanden.

Der erstinstanzliche Verfahrensablauf lege insgesamt den Eindruck nahe, dass das LG den Beklagten nachdrücklich zur Abgabe einer die Erstattungsfähigkeit der Kosten betreffenden Erklärung zu bewegen versucht habe, obwohl dessen fehlende Bereitschaft hierzu eindeutig gewesen sei. Der in der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses angesprochene Streitwert betreffe lediglich die Höhe der anwaltlichen Gebühr und werde erst dann relevant, wenn man deren Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach bejahe, womit sich das LG bislang nicht auseinandergesetzt habe. Der Nichtabhilfebeschluss vom 13.11.2018 enthalte lediglich eine floskelhafte Begründung und habe den Verfahrensfehler nicht zu heilen vermocht. Der Kostenfestsetzungsbeschluss sei daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen, das die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Gebühr gem. VV 3309 RVG sowie der weiteren Kosten im Einzelnen zu prüfen und sein Ergebnis in einer den dargestellten Anforderungen genügenden Weise zu begründen haben werde.

Praxishinweis

Ein Kostenfestsetzungsbeschluss bedarf einer Begründung, wenn dem Antrag ganz oder hinsichtlich einzelner Positionen nicht entsprochen wurde oder der Kostenschuldner Einwendungen erhoben hat (Musielak/Voit/Flockenhaus, 15. Aufl. 2018, ZPO § 104 Rn. 15; OLG Frankfurt a. M. BeckRS 1999, 11333). Eine Begründung ist auch dann erforderlich, wenn Kosten festgesetzt werden, deren Berechtigung nach Grund oder Höhe nicht zweifelsfrei dem Wortlaut der als Rechtsgrundlage angeführten gesetzlichen Bestimmung zu entnehmen ist (Musielak/Voit/Flockenhaus, 15. Aufl. 2018, ZPO § 104 Rn. 15; OLG Karlsruhe NJW 1971, 764).

Redaktion beck-aktuell, 13. März 2019.