Wachstumschancengesetz: Lob aus der Wirtschaft und Bedenken aus den Kommunen

Am Montag diskutierten Experten im Finanzausschuss über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zum Wachstumschancengesetz, der Deutschland wieder wettbewerbsfähiger machen sollen. Die Wirtschaft zeigte sich verhalten optimistisch, die kommunalen Vertreter warnten hingegen vor massiven Steuerausfällen.

Bereits im August sollte das Wachstumschancengesetz beschlossen werden, wurde dann aber im Streit um die Kindergrundsicherung von den Grünen zunächst blockiert. Der jetzt im Finanzausschuss erörterte Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/8628) sieht unter anderem vor, eine Investitionsprämie zur Förderung der Transformation der Wirtschaft einzuführen. Unternehmen sollen demnach Zuschüsse in Höhe von 15% der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen erhalten. Zudem soll die steuerliche Forschungsförderung verbessert werden.

Außerdem will die Regierung das Steuersystem vereinfachen und modernisieren. So sollen die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter sowie für Wohngebäude befristet wieder eingeführt und der steuerliche Verlustabzug verbessert werden. Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter soll auf 1.000 Euro erhöht werden.

Die kommunalen Spitzenverbände zeigten sich in der Anhörung besorgt. Sie rechnen mit Steuerausfällen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro im Jahr. Dadurch werde die kommunale Investitionstätigkeit gebremst und Klimaschutz, Wärmewende, Wohnungsbau und der Ausbau von Schul- und Kitaplätzen könnten zukünftig deutlich langsamer vorankommen. Sie appellierten an die Regierung, die drohenden Steuerausfälle abzuwenden.

Die Spitzenverbände der Wirtschaft dagegen lobten in ihrer gemeinsamen Stellungnahme den Entwurf. Er verbessere die steuerlichen Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Dies sei wichtig, da sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten für 2023 nochmals verschlechtert hätten. Als besonders positiv werteten die Verbände die Verbesserungen bei der Verlustverrechnung und bei der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung. Auch die im Entwurf vorgesehene Erhöhung der Grenzen für Sofortabschreibungen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern sowie verbesserte Sonderabschreibungen begrüßten die Spitzenverbände.

Kontroverse Diskussion um Zinsschranke, Zinshöhenschranke und Freigrenzen

Für "kontraproduktiv" halten sie allerdings die vorgesehene deutliche Verschärfung der Zinsschranke sowie die Einführung einer Zinshöhenschranke. Auch die Bundessteuerberaterkammer kritisierte die Einführung der Zinshöhenschranke. Sie bedeute, dass Unternehmen Kosten nur noch zu einem geringen Teil steuerlich abziehen könnten. Wie sich eine solche Maßnahme unter den Titel eines Wachstumschancengesetzes fassen lasse, sei nicht ersichtlich.

Für beide Regelungen sprach sich dagegen Lorenz Jarass von der Hochschule RheinMain aus, weil sie Steueroptimierung und Steuervermeidung verhindern könnten. Die vorgesehenen Erweiterungen bei der Verlustverrechnung lehnte er aber ab. Kritisch äußerte er sich auch zu den Anhebungen von Freigrenzen zum Beispiel für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Er befürchtet eine verstärkte Steuervermeidung. Dies gelte auch für Vermietungseinnahmen, die bis zu 1.000 Euro steuerfrei bleiben sollen.

Dagegen begrüßte Heribert Anzinger von der Universität Ulm in seiner Stellungnahme die Einführung der Freigrenzen, die insbesondere bei Gelegenheitsvermietungen über Internetportale eine Kriminalisierung verhindern könnten. Allerdings stelle sich die Frage, warum keine einheitliche Freigrenze für alle Einkunftsarten geschaffen werde. Dadurch könnte die Finanzverwaltung erheblich entlastet werden.

Klimaschutz-Investitionsprämie sorgt für Gesprächsbedarf

Auch über die im Gesetzentwurf in Aussicht gestellte Klimaschutz-Investitionsprämie tauschten sich die Experten bei der Anhörung aus: So sieht Roland Ismer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg diese Prämie als ein Projekt von "zentraler Bedeutung für die Transformation der Wirtschaft, die jetzt ansteht". Allerdings könne es Probleme mit dem unionsrechtlichen Beihilfeverbot geben. Hier müsse eine Regelung gefunden werden, damit Prämien nicht zurückgefordert werden können.

Uwe Zimmermann vom Deutschen Städte- und Gemeindebund regte an, die Zahlung der Klimaschutz-Investitionsprämie auch auf Eigenbetriebe der Kommunen auszudehnen. Das wäre ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene. Das Handwerk nannte die Klimaschutzprämie grundsätzlich richtig, forderte jedoch Nachbesserungen für kleine Unternehmen. So drohe die Pflicht zur Einschaltung von Energieberatern zu einem "Flaschenhals" zu werden. Es gebe bundesweit nur 5.000 Energieberater, aber rund eine Million Handwerksbetriebe.

Zudem sprach sich der Zentralverband des deutschen Handwerks für eine Senkung der Stromsteuer aus. Die Strom- und Energiepreise in Deutschland seien nicht wettbewerbsfähig. Eine Senkung der Strompreise forderten auch die Wirtschaftsverbände. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sprach sich zudem für eine Senkung der im internationalen Vergleich viel zu hohen Unternehmenssteuern aus. Das Wachstumsgesetz sei nicht das, was man sich unter einer großen Reform vorstelle.

Redaktion beck-aktuell, gk, 7. November 2023.