Wachstumschancengesetz: Wie es weiter gehen soll

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat am Mittwoch das sogenannte Wachstumschancengesetz blockiert. Mit Steuererleichterungen für Unternehmen soll es die ins Stocken geratene Konjunktur ankurbeln. Experten haben ihre Zweifel, doch das Gesetz soll bis Ende des Monats kommen.

Rund 50 Steuererleichterungen für Firmen sind nach dem neuen Gesetz vorgesehen. Die Neuregelung soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessern und Impulse setzen, damit sie dauerhaft mehr investieren. Der Entwurf enthält zahlreiche Regelungen vor allem zum Ertrag- und Bilanzsteuerrecht, jedoch auch Änderungen zur Umsatzsteuer. Sechs Milliarden Euro Entlastung für die Wirtschaft, so der Plan von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzte noch eine Ergänzung durch und stimmte zu. Es gebe "große Einigkeit", sagte seine Sprecherin am Mittwoch.

Doch in letzter Sekunde blockierte die Grünen-Ministerin das Vorhaben. Man könne nicht so viel Geld in die Wirtschaft stecken, aber nicht mehr in die Kindergrundsicherung zur Unterstützung von Familien mit wenig Geld, argumentierte Paus nach Angaben aus Regierungskreisen. "Wer Geld für Steuersenkungen für Unternehmen hat, hat doch wohl auch Geld für Kinder in Armut, oder?", legte die Chefin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich nach.

In der FDP ist die Rede von einem Erpressungsversuch – dabei hat auch sie bei den Koalitionskrachs der vergangenen Monate keine weiße Weste. Der Streit um die Finanzierung der Kindergrundsicherung schwelt in der Ampel-Koalition schon lange. Die Bundesregierung will sie noch in dieser Legislaturperiode einführen. Familien sollen so leichter an staatliche Leistungen kommen. Doch vor allem die Grünen wollen durchsetzen, dass Leistungen auch erhöht werden, um mehr gegen Kinderarmut im Land zu tun. Dafür reicht das von Lindner bewilligte Geld lange nicht aus.

Kritik von Experten

Wirtschaftsexperten zeigen sich vom Wachtsumschancengesetz weniger begeistert, so mancher hätte Änderungen sicherlich begrüßt. Nach Ansicht von Martin Haisch, Partner der Kanzlei Noerr, wird das Gesetz seinem Namen nicht gerecht. Der Verzicht auf die Aussetzung der Mindestbesteuerung mache es "in Teilen zu einem zahnlosen Tiger", sagte Haisch am Mittwoch, als sich das Scheitern im Kabinett abzeichnete. Nach den ursprünglichen Plänen sollte die Mindestbesteuerung, die derzeit die Verrechnung von Verlustvorträgen mit laufenden Gewinnen über eine Million Euro auf 60% begrenzt, für die Veranlagungszeiträume 2024 bis einschließlich 2027 ausgesetzt werden. Das hätte den Unternehmen nach Ansicht von Haisch einen großen finanziellen Spielraum für Investitionen eröffnet.

An dieser Stelle sollte der Gesetzentwurf nachgebessert werden, fordert er. "Das gilt insbesondere für die Änderungen bei der Zinsschranke, die auf den ersten Blick als Verbesserungen erscheinen, bei genauerem Hinsehen aber zu erheblichen Verschärfungen auch beim Mittelstand führen können", so der Rechtsanwalt.

Gesetz soll bis Ende August beschlossen werden

Doch auf inhaltliche Nachbesserungen in diesem Bereich deutet nichts hin hin. Bei ihrer Klausurtagung auf Schloss Meseberg Ende August, wo Kanzler und Minister einen Schlussstrich unter den Streit um die Kindergrundsicherung ziehen wollten, soll nun auch das blockierte Wachstumschancengesetz beschlossen werden. Im Finanzministerium geht man davon aus, dass es dann durchgeht – möglicherweise sogar noch erweitert um Maßnahmen für mehr Wohnungsbau. Es habe schließlich "keinerlei inhaltlichen Einwände, von keinem Ressort" gegen den Gesetzentwurf gegeben, hieß es nach der Kabinettssitzung. Hintergrund der Blockade sei einzig der Streit um die Kindergrundsicherung.

Redaktion beck-aktuell, 17. August 2023 (ergänzt durch Material der dpa).